Unterwasserklebstoff nach KI-Rezept

Dank maschinellen Lernens hat ein Forschungsteam ein Hydrogel entwickelt, das auch unter Wasser klebt – und zwar vielfach stärker als bisher bekannte Klebstoffe.

Jan Oliver Löfken

Eine gelbe Ente klebt auf einem Stein, im Hintergrund fließendes Wasser

Hao Guo, Hongguang Liao and Hailong Fan

Miesmuscheln, Seepocken oder Austern haften selbst im Salzwasser fest an Riffen und Felsen. Verantwortlich dafür sind Proteine, die die Tiere bilden und ihnen Halt geben. Solche Klebstoffe nachzubauen, gestaltet sich jedoch schwierig. Zudem zeigen künstliche Klebstoffe längst nicht immer die gewünschten Hafteigenschaften. Nun gelang einem Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, fest klebende Materialien zu entwickeln – und zwar mithilfe Künstlicher Intelligenz. In der Fachzeitschrift „Nature“ berichten sie über ein neues Rezept für ein Hydrogel, das Objekte etwa zehnmal stärker festklebte als herkömmliche nasse Klebstoffe.

Hydrogele sind weiche Materialien aus Wasser und einem Netzwerk aus langen Kunststoffmolekülen, sogenannten Polymeren. So bestehen beispielsweise weiche Kontaktlinsen aus Hydrogelen. Sind diese Polymernetzwerke aus Haftproteinen aufgebaut, wie sie etwa in Muscheln, Bakterien oder Viren vorkommen, können sie sich zu einem Klebstoff wandeln.

Auf die Suche nach dem besten Rezept für ein klebendes Hydrogel machte sich das Team um Jian Ping Gong von der Universität Hokkaidō in Sapporo. Als Grundlage diente ihnen eine Datenbank mit fast 25 000 bisher in der Natur gefundenen Haftproteinen. Daraus wählte die Arbeitsgruppe anhand einer statistischen Analyse 180 Proteine aus, die sie entsprechend der natürlichen Vorbilder als besonders stark haftend einschätzten. Jedes von ihnen bestand aus 300 bis 500 aneinandergereihten Aminosäuren – den Grundbausteinen der langen Moleküle. Aus all diesen Haftproteinen synthetisierten die Forschenden jeweils ein Hydrogel und untersuchten, wie gut es klebt.

KI-optimiertes Hydrogel vielfach stärker als andere Klebstoffe

Nach diesen Experimenten ließen sich einzelne Teile der Proteine exakt den Hafteigenschaften zuordnen. Im nächsten Schritt setzte das Team auf maschinelles Lernens, das Funktionen wie Lernen und Erinnern simuliert. Mit den Daten trainierten die Forschenden einen KI-Algorithmus, mit dem sich die klebenden Hydrogele weiter optimieren ließen: Neue Rezepte für noch stärkere Klebstoffe sind entstanden. Das beste Hydrogel hafte damit vielfach besser als vor der Optimierung durch die Künstliche Intelligenz. Insgesamt kam es auf eine Haftstärke von mehr als einem Megapascal – das ist zehnmal besser als alle bisher bekannten feuchten Klebstoffe und genug, um mit einer Klebefläche von der Größe einer Briefmarke einen 60 Kilogramm schweren Menschen zu halten.

Um die Haftkraft in nasser Umgebung zu demonstrieren, klebten die Forschenden eine Quietscheente mit dem Hydrogel auf einen wasserumspülten Felsen. Mehrere Monate hielt die Ente dem Wellenschlag stand. Ein so robustes und fest klebendes Material eröffnet zahlreiche Anwendungen. So könnte es Lecks in Wasserleitungen, beschädigte Schiffsrümpfe oder Unterwasserstrukturen von Offshore-Windparks selbst bei hohem Wasserdruck schnell und sicher verschließen.

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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2025/kuenstliche-intelligenz-unterwasserklebstoff-nach-ki-rezept/