Tarnkappe für Wasserwellen

Jan Oliver Löfken

Dieses Bild zeigt eine Scheibe, die auf einer Wasseroberfläche schwimmt. Ein Raster aus Linien ist über die Wasseroberfläche gelegt und veranschaulicht den Wellengang um die Scheibe herum.

Juhyuk Park et al. /PRL

Schall- oder Lichtwellen lassen sich mit Tarnkappen unterschiedlichster Bauart bereits wirkungsvoll umleiten. Möglich ist das mit sogenannten Metamaterialien – also künstlich hergestellten Werkstoffen mit besonderen Eigenschaften. Nun entwickelten gleich zwei Forschergruppen neue Konzepte für Tarnkappen, die auch Wasserwellen um ein Objekt herumfließen lassen. Wie die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ berichten, konnten beide Modelle bereits im Labor getestet werden.

Jae Ryoun Youn von der Seoul National University und seine Kollegen fokussierten sich auf Wasserströmungen im Bereich von Mikrometern. Die Forscher konzipierten dafür eine winzige Tarnkappe analog zu Tarnkappen für Licht. Tarnmaterialien für elektromagnetische Wellen haben einen bestimmten Brechungsindex, der das Licht um das getarnte Objekt herumlaufen lässt, anstatt es abzulenken oder zu streuen. Für ihre neue Tarnkappe nutzten die Forscher stattdessen 523 Säulen, die sie wie ein Labyrinth in zehn konzentrischen Kreisen um den abzuschirmenden Bereich anordneten.

Bewegten sich nun Wasserwellen auf die Säulen zu, wurden sie vielfach an den Säulen gebrochen. Dank des symmetrischen Aufbaus überlagerten sich die Wellen zwischen den Säulen, sodass der innere Bereich wellenfrei blieb. Zudem wurde die Ausbreitung der Wellen außerhalb der Säulen nicht gestört. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu einer Abschirmung etwa mit einer Wand:  Zwar ließen sich die Wellen mit einer Wand auch vom inneren Bereich fernhalten, doch die Wellenausbreitung außerhalb würde sich stark verändern.

Dagegen eignet sich das Modell von Zhenyu Wang von der Zhejiang-Universität in Hangzhou und seinen Kollegen für große Wasserwellen. Anstelle von Säulen nutzten die Forscher zwei langgestreckte Stahlstrukturen, mit denen sie den abzuschirmenden Bereich in einem 60 Meter langen Testbecken einrahmten. Aufgrund der besonderen Bauart der Strukturen ließ sich die Wasserhöhe über ihnen gezielt variieren. Bewegten sich nun Wasserwellen entlang der Strukturen, verstärkten sich die Wellen an den Rändern, doch die Wasserfläche in der Mitte blieb weitestgehend wellenfrei. Diesen hydrodynamischen Effekt demonstrierten Wang und seine Kollegen bereits mit einem kleinen Modellboot. Zukünftig ließe sich diese Tarnkappe möglicherweise im Hafenbau anwenden, um die Liegeplätze für Schiffe wellenfrei zu halten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2019/tarnkappe-fuer-wasserwellen/