Gammablitze in Gewittern
Dirk Eidemüller

Yuuki Wada
Gewitter sind faszinierend und gefährlich zugleich. Und sie haben auch eine verborgene Seite. Denn sie erzeugen nicht nur Blitz und Donner, sondern sie können auch Gammastrahlungsblitze hervorrufen. Diese lassen sich allerdings nur schwer untersuchen, da sie typischerweise nicht einmal eine Millisekunde lang aufblitzen. Im Fachblatt „Science Advances“ berichtet nun ein Forschungsteam, wie es ihnen gelang, die hochenergetischen Blitze von einer Bodenstation aus zu messen.
Gammablitze in der Erdatmosphäre können entstehen, wenn ein Gewitterblitz einschlägt. Dabei entsteht Gammastrahlung mit einer Energie von über zehn Megaelektronenvolt – das ist mehr als bei den meisten radioaktiven Prozessen. Die ersten solcher terrestrischen Gammablitze wurden von Satelliten entdeckt. Von oben lassen sich die Blitze auch wesentlich einfacher beobachten, da Gammastrahlung im All nicht absorbiert wird und ein Satellit eine große Fläche überblicken kann. Auch heute noch spüren Satelliten deutlich häufiger als Flugzeuge oder Bodenstationen irdische Gammablitze auf – da sie weit entfernt sind, messen sie die Blitze jedoch nur unpräzise.
Gammablitz Sekundenbruchteile vor dem Einschlag entstanden
Ein Forschungsteam von der Universität Osaka hatte nun mit einer speziellen Bodenstation in der japanischen Stadt Kanazawa eine Reihe ganz unterschiedlicher Instrumente bei zwei Fernsehtürmen eingerichtet, in denen vor allem im Winter häufig Blitze einschlagen. Damit konnten sie ein breites Spektrum an Strahlung detektieren – von Radiowellen über sichtbares Licht bis zu Gammastrahlung.
Im Jahr 2023 gelang ihnen damit ein Durchbruch: Am 30. Januar schlug ein Blitz in einen der Türme ein und die Instrumente meldeten zur selben Zeit auch einen terrestrischen Gammablitz. Wenn ein Gewitterblitz einschlägt, bildet sich zuvor unter der Gewitterwolke ein negativ geladener Blitzkanal Richtung Boden, dem von dort ein positiv geladener Blitzkanal entgegenwächst. Wenn beide sich berühren, kommt es – eben blitzartig – zur Entladung. Bei diesem Blitz trafen die beiden Kanäle in etwas unter einem Kilometer Höhe aufeinander. Dabei wurde eine Stromstärke von rund 56 000 Ampere gemessen. Die ersten Gammastrahlen kamen sogar 31 Mikrosekunden, also etwa eine 30 000-tel Sekunde, bevor sich die beiden Blitzkanäle in der Luft trafen, an. Der Gammablitz dauerte ab dann rund 20 Mikrosekunden.
Daraus lassen sich wichtige Schlüsse ziehen: So wurde schon lange spekuliert, dass die starken elektrischen Felder zwischen den Blitzkanälen Elektronen fast bis auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen können. Das könnte in einer Reihe extrem schneller Prozesse einen Gammablitz auslösen, noch bevor die Blitzkanäle zusammentreffen. Die neuen Messungen belegen diese Hypothese und seien damit eine Weltneuheit, so der Hauptautor der Studie Harufumi Tsuchiya. Zudem haben die Ergebnisse auch für kosmische Phänomene Bedeutung. So treten ähnliche Prozesse auch in Gammastrahlungsquellen im All auf – etwa bei Supernovae oder in der Umgebung Schwarzer Löcher.
Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2025/atmosphaere-gammablitze-in-gewittern/