Flexible Kalzium-Luft-Batterie bei Raumtemperatur

Jan Oliver Löfken

Helles Ladekabel in der linken Mitte des Bildes neben einem liegenden, voll aufgeladenem Smartphone.

Lari Bat/iStock

Bislang basieren langlebige Batterien meist auf dem begehrten und aufwendig gewonnenen Leichtmetall Lithium. Doch das muss nicht so bleiben: Natrium-Ionen-Batterien beispielsweise sind bereits weit entwickelt, speichern allerdings etwas weniger Energie als Lithium-Ionen-Batterien. Auch Kalzium ist eine gute Alternative, da es rund 2500 Mal häufiger als Lithium vorkommt – und zwar rund um den Globus. Dabei könnten Stromspeicher auf Kalziumbasis durchaus mit den Speichereigenschaften von Lithium-Ionen-Batterien gleichziehen. Bislang jedoch funktionierten diese Batterien erst bei Temperaturen von mehr als 75 Grad Celsius. Zum ersten Mal präsentieren Forschende nun in der Fachzeitschrift „Nature“ eine Kalzium-Luft-Batterie, die auch bei Raumtemperatur stabil ist.

Dieses Ziel erreichten Lei Ye von der Fudan Universität in Shanghai und ihre Arbeitsgruppe durch den geschickten Aufbau der Batterie und durch einen speziellen flüssigen Elektrolyten. Für die Anode beschichteten die Forschenden eine hauchdünne Faser aus Kohlenstoffnanoröhrchen mit reinem, metallischem Kalzium. Mit etwas Abstand umgaben sie diese Faser mit einem Geflecht, das ebenfalls aus Kohlenstoffnanoröhrchen bestand und die Rolle der Kathode übernahm. Den Raum zwischen den beiden Elektroden – Faser und Hülle – füllten sie mit einem eigens entwickelten Elektrolyten auf der Basis einer ionischen Flüssigkeit und dem Salz Kalziumbistrifluoromethanesulphonimid, kurz Ca(TFSI)2 genannt.

Hohe Kapazität auch nach 700 Ladezyklen

In zahlreichen Lade- und Entladeversuchen bestimmten die Forschenden die Eigenschaften dieser Kalzium-Luft-Batterie. Das Grundprinzip: Beim Entladen geben die Kalziumatome jeweils zwei Elektronen ab, verbinden sich an der außen liegenden Kathode mit dem Sauerstoff der Luft zu Kalziumdioxid und werden in diese eingelagert. Beim Laden läuft dieser Prozess in umgekehrter Richtung: Kalziumdioxid aus der Kathode gibt seinen Sauerstoff wieder ab und neutrales Kalzium kehrt zurück zur Anode. Dank des speziellen flüssigen Elektrolyten funktionierte dieser Prozess auch bei Raumtemperatur zuverlässig. Mit über 700 Ladezyklen wiesen die Batterien eine relativ hohe Kapazität von 500 Milliamperestunden pro Gramm auf – das ist fast 50 Prozent mehr als Lithium-Ionen-Batterien, die heute Laptops oder Elektroautos mit Strom versorgen.

Viele Arbeitsgruppen weltweit arbeiten an Batterien auf der Basis von Kalzium – auch am Karlsruher Institut für Technologie. Dort erreichten Forschende bereits mit einer Kalzium-Schwefel-Batterie viele Ladezyklen bei Raumtemperatur. Aber von einer Serienreife sind alle Entwicklungen noch weit entfernt – dafür wären mindestens 1500 Ladezyklen ohne große Leistungseinbußen nötig. Allerdings bietet der neue Prototyp von Ye und ihrem Team einen zusätzlichen Vorteil: Wegen der Kombination mit flexiblen Nanoröhrchen aus Kohlenstoff sind die Kalzium-Luft-Batterien ähnlich flexibel wie Textilfasern und könnten daher in stromspeichernde Stoffe eingewoben werden. Damit könnten sie zukünftig Sensoren und Elektronik in smarter Kleidung betreiben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2024/batterien-flexible-kalzium-luft-batterie-bei-raumtemperatur/