Schelfeis der Antarktis schwindet

Jan Oliver Löfken

Satellitenaufnahme der Antarktis

NASA/JPL

Der riesige antarktische Kontinent ist rundherum von schwimmenden, bis zu 1000 Meter dicken Eisflächen umgeben. Doch vor allem im Westen der Antarktis wird dieses sogenannte Schelfeis dünner. So speiste es von 1997 bis 2021 rund 7500 Milliarden Tonnen Schmelzwasser in das Südpolarmeer. Diese Bestandsaufnahme gelang nun einer Forschungsgruppe, die Aufnahmen mehrerer Radarsatelliten analysierte. Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science Advances“ berichten, sorge das Abschmelzen dafür, dass Gletschereis vom antarktischen Festland leichter ins Meer rutschen und so den Meeresspiegel ansteigen lassen könne.

Die dicken Schelfeisplatten am Rand der Antarktis schwimmen bereits im Meer. Schmelzen sie ab, lässt das den Meeresspiegel daher nicht direkt ansteigen. Jedoch verlangsamen die Platten den Anstieg indirekt: Je weniger Schelfeis vorhanden ist, desto leichter kann Eis vom antarktischen Festland ins Südpolarmeer nachrutschen – das dann wiederum den Meeresspiegel anhebt.

Nun haben Benjamin Davison von der britischen University of Leeds und sein Team unter die Lupe genommen, wie sich dieses Schelfeis an den unterschiedlichen Stellen entwickelt hat. Dazu haben sie mehr als 100 000 Satellitenaufnahmen aus dem 25-jährigen Zeitraum analysiert – beispielsweise vom Satelliten CryoSat-2. Aus Messungen reflektierter und sich überlagernder Radarwellen bestimmten die Forschenden, wie hoch und geneigt das Schelfeis ist – vor allem an den Rändern. Daraus ermittelten sie, wie viel Eis über die Jahre abgeschmolzen oder als Eisberg abgebrochen ist.

Schelfeis schmilzt vor allem im Westen

Karte der Antarktis in weiß umgeben vom Meer, das in violett dargestellt ist; an den Küstenregionen zeigt gelbes Färbung des Wassers eine höhere Wassertemperatur an, die gelben Flächen sind im Westen größer als an den anderen Küstenbereichen

Wassertemperatur um die Antarktis

Wie die Forschenden ermittelten, schmolzen über das vergangene Vierteljahrhundert 71 von insgesamt 162 Schelfeisplatten schneller ab als sie wieder anwuchsen – „ohne jedes Anzeichen einer Erholung“, wie Davison anmerkt. Diese schrumpfenden Eisplatten waren vor allem im Westen der Antarktis zu finden. 48 von ihnen verloren von 1997 bis 2001 sogar mehr als 30 Prozent ihrer Eismasse. Die Schelfeisplatten entlang der Ostküste zeigten sich dagegen stabil oder wuchsen sogar etwas – allerdings weniger, als das Eis auf der Westseite schmolz.

Verantwortlich für den Schwund des Schelfeises, so das Forschungsteam, sei vor allem die menschenverursachte Erderwärmung. So ließen wärmere Meeresströmungen im Westen der Antarktis die Schelfeisplatten vor allem an ihrer unteren Seite abschmelzen. Der Ozean im Osten des Kontinents sei dagegen vorerst durch Kaltwasserzonen vor dem Zustrom wärmeren Wassers geschützt.

Damit erhöhe sich nicht nur das Risiko, dass der Meeresspiegel weiter ansteigt. Zusätzlich verdünnt das geschmolzene Süßwasser das Salzwasser des Südpolarmeers. Dieses Salzwasser ist jedoch schwerer, sinkt im Meer ab und treibt das globale System an Meeresströmungen an; leichteres Süßwasser sinkt dagegen nicht ab – der Effekt auf die Meeresströmungen wird schwächer. Um diese Entwicklung weiter im Auge zu behalten, wollen die Forscherinnen und Forscher den Zustand der Eismassen rund um die Antarktis zusätzlich mit den Satelliten Cristal, Cimr and Rose-L analysieren, die in den kommenden Jahren starten.

Die Animation zeigt, wie sich das Eis in der Antarktis in den vergangenen 25 Jahren verändert hat.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2023/erderwaermung-schelfeis-der-antarktis-schwindet/