Trotz Crash-Landung: Genesis-Mission liefert neue Erkenntnisse über die Planetenentstehung

Erde bildete sich nicht aus typischer Materie des jungen Sonnensystems

Genesis-Sonde

Genesis-Sonde

Los Angeles (USA)/Vandoeuvre-lés-Nancy (Frankreich) - Sonne und Planeten sind vor 4,5 Milliarden Jahren gemeinsam aus einer großen Gaswolke entstanden. Trotzdem unterscheidet sich die Materie der Erde deutlich von jener der Sonne. Das zeigen Auswertungen von Daten der Weltraummission Genesis durch zwei internationale Forscherteams. Die Wissenschaftler fanden deutliche Unterschiede in der Isotopen-Zusammensetzung der Elemente Sauerstoff und Stickstoff zwischen dem Sonnenwind und den erdähnlichen, felsigen Planeten im inneren Sonnensystem. Diese Unterschiede zeigen, dass bislang unterschätzte physikalische Prozesse eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Planetensystems gespielt haben müssen, schreiben die Forscher im Fachblatt "Science".

"Alle bislang untersuchten Materialproben zeigen eine große Variation der Isotopen-Zusammensetzung von Sauerstoff", erläutern Kevin McKeegan von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen. "Es war daher bislang nicht möglich, die ursprüngliche Zusammensetzung des Sonnensystems zu bestimmen." Als Isotope bezeichnen die Physiker Atome eines chemischen Stoffs, die sich in ihrem Gewicht unterscheiden, weil sie eine unterschiedliche Anzahl von Neutronen enthalten.

Die ursprüngliche Zusammensetzung des Sonnensystems hat sich allein in der Atmosphäre der Sonne erhalten. Die 2001 gestartete Genesis-Mission hat deshalb mit speziellen Kollektoren zwei Jahre lang Materie des sogenannten Sonnenwinds - von der Sonne ins All abströmendes Gas - gesammelt und 2004 zur Erde zurücktransportiert. Doch bei der Rückkehr am 8. September 2004 versagten die Bremsfallschirme und die Kapsel mit den Kollektoren prallte mit hoher Geschwindigkeit in einer Wüste im US-Bundestaat Utah auf. Die Kollektoren wurden beim Aufprall zerstört und zu einem großen Teil mit irdischem Staub kontaminiert. In langjähriger Forschungsarbeit gelang es jedoch, aus einigen Bruchstücken wertvolle Daten zu extrahieren.

Die Messergebnisse zeigen laut McKeegan, dass die Erde und die anderen felsigen Himmelskörper im inneren Sonnensystem gegenüber der Sonne einen um sieben Prozent höheren Anteil an schweren Sauerstoff-Isotopen enthalten. Noch gravierender ist der Unterschied beim Element Stickstoff, wie die Analysen von Bernard Marty von der Nancy Université in Frankreich und seinen Kollegen zeigen. Hier weisen die terrestrischen Planeten einen um 40 Prozent erhöhten Anteil an Stickstoff-15 gegenüber der Sonne auf.

Eine mögliche Ursache für diese Unterschiede könnten nach Ansicht der Wissenschaftler photolytische Prozesse sein. Dabei spaltet das Licht der Sonne Moleküle, die Sauerstoff und Stickstoff enthalten. Diese Prozesse hängen vom Gewicht der Atome in den Molekülen ab und können dadurch die Isotopen-Zusammensetzung in der um die junge Sonne rotierenden Gas- und Staubwolke, aus der das Planetensystem entstanden ist, verändern. Bei der Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte unseres Sonnensystems müssen solche bislang unterschätzten Vorgänge also künftig berücksichtigt werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/nachrichten/2011/trotz-crash-landung-genesis-mission-liefert-neue-erkenntnisse-ueber-die-planetenentstehung/