Junge Sterne wachsen chaotisch

Rainer Kayser

Das Wachstum junger Sterne ist möglicherweise ein chaotischer Prozess und verläuft keineswegs so gleichmäßig, wie bislang angenommen. Das zeigen Beobachtungen eines internationalen Forscherteams mit dem japanischen Subaru-Teleskop auf Hawaii. Demnach bilden sich in der von außen zuströmenden Materie Verdichtungen, die dann zu Episoden rapiden Wachstums führen. Diese könnten auch bislang rätselhafte extreme Helligkeitsausbrüche entstehender Sterne erklären, so die Forscher im Fachblatt „Science Advances“.

Vier Beispiele von Gaswolken um junge Sterne mit auffälligen inneren Strukturen.

Chaotische Sternentstehung

„Als Auslöser solcher Ereignisse kommt Fragmentation infrage, also durch die Schwerkraft ausgelöste Instabilitäten in den massereichen Gasscheiben um junge Sterne“, schreiben Hauyu Baobab Liu von der Academia Sinica in Taiwan und seine Kollegen. Sterne entstehen, wenn sich große, kühle Gaswolken im Weltall durch ihre Anziehungskraft zusammenziehen. Zunächst bildet sich ein Protostern, auf den von außen weiter Materie zuströmt. Diese Materie formt eine rotierende Scheibe um den entstehenden Stern, in der das Gas langsam nach innen wandert. Bislang dachten die Astronomen, dass dieser Vorgang gleichmäßig verläuft.

Liu und seine Kollegen haben eine Reihe solcher entstehender Sterne mit hoher Auflösung im Infrarotbereich beobachtet. Die Aufnahmen zeigen auffällige Strukturen – Verklumpungen und Spiralarme – in den Materiescheiben um junge Sterne mit extremen Helligkeitsausbrüchen. Mithilfe von hydrodynamischen Simulationen und theoretischen Modellen zeigen die Forscher, dass sich die beobachteten Strukturen durch gravitative Instabilitäten in der Entstehungsphase der Materiescheibe bilden können. Die Verdichtungen wandern dann langsam nach innen, fallen schließlich auf den Stern und lösen so Episoden rasanten Wachstums verbunden mit Helligkeitsausbrüchen aus.

Die instabile Phase dauere offenbar mehrere hunderttausend Jahre an, so Liu und seine Kollegen. Nach Ende der Wachstumsphase des Sterns können in der rotierenden Materiescheibe Planeten entstehen. Die Beobachtungen von Liu und seinem Team werfen nun die Frage auf, welchen Einfluss die frühen Instabilitäten in der Scheibe auf den Prozess der Planetenentstehung haben. Eine Antwort darauf können nur weitere Beobachtungen entstehender Planetensystem mit hoher Auflösung liefern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2016/junge-sterne-wachsen-chaotisch/