„Die Natur ist ein sehr guter Baumeister“

Ole Gerber

Grüne Fluoreszenz unter optischer Anregung mit blauem Licht

Herkömmliche Laser nutzen meist Halbleiter oder Gasgemische als aktives Medium. Physiker haben nun jedoch einen Laser entwickelt, der dafür grün fluoreszierende Proteine verwendet – und weniger Energie benötigt als die gängigen Typen. Vorgestellt haben die Wissenschaftler ihren neuartigen Laser im Fachmagazin „Science Advances“. Welt der Physik sprach mit dem Leiter der Studie, Malte Gather von der University of St Andrews in Schottland.

Welt der Physik: Wodurch unterscheidet sich der neue Laser von herkömmlichen?

Porträt von Malte Gather

Malter Gather

Malte Gather: Es gibt zwei wesentliche Unterschiede. Einmal beim Material: Bei gewöhnlichen Lasern wird typischerweise ein Halbleiter als aktives Material benutzt, das für die Erzeugung des Laserlichts sorgt. In unserem Laser wird hierfür jedoch ein grün fluoreszierendes Protein verwendet, das von Bakterienzellen produziert worden ist. Der andere wesentliche Unterschied ist, dass dies ein Polariton-Laser und kein konventioneller Laser ist. Dadurch ist die Physik, die bestimmt wie das Licht entsteht, schon eine deutlich andere.

Was ist ein Polariton?

Wenn sich ein Molekül oder Halbleiter in einem angeregten Zustand befindet, dann nennt man diesen angeregten Zustand Exziton. Das Polariton ist ein Quasiteilchen, das eine starke Wechselwirkung zwischen Licht und Materie beschreibt, also einen Mischzustand. Man kann es sich als zum einen Teil Photon, also Licht, und zum anderen Teil Exziton vorstellen.

Und was unterscheidet sich in den physikalischen Prozessen, bei denen das Laserlicht erzeugt wird?

Beim konventionellen Laser wird Licht erzeugt, indem ein Photon auf ein aktives Molekül oder Atom trifft. Dieses Photon erzeugt dann ein zweites Photon, das in allen Eigenschaften genauso ist wie das erste Photon. Dadurch wird ein Lawinenprozess in Gang gesetzt, bei dem immer mehr Photonen entstehen, die dann alle die gleichen Eigenschaften haben. Diese Photonen können dann innerhalb des Lasers eine Zeit lang hin- und heroszillieren, bis sie als Laserlicht austreten.

Beim Polariton-Laser ist es so, dass ein Photon von dem Material, das sich im Laser befindet, auch wieder absorbiert werden kann. Es wird dann in einen angeregten Zustand in dem Material, also ein Exziton, umgewandelt. Dieser angeregte Energiezustand kann sich dann auch wieder in ein Photon umwandeln. Es gibt ein ständiges Wechselspiel von Photon und Exziton, bei dem nach und nach alle Polaritonen in den gleichen Quantenzustand überführt werden. Wenn einige dieser Photonen aus dem Laser herauskommen, dann haben sie die Eigenschaften von Laserlicht.

Schematische Darstellung eines Protein-Polariton-Lasers

Schematische Darstellung eines Protein-Polariton-Lasers

Wie ist der neu entwickelte Laser aufgebaut?

Der Kernbestandteil ist das grün fluoreszierende Protein. Das ist eingebettet zwischen zwei hochreflektierenden Spiegeln. Dieses Protein wird durch kurze Lichtpulse mit Energie angeregt.

Was genau ist dieses grün fluoreszierende Protein?

In der Natur kommt das Protein in Quallen vor, die biolumineszent sind und grün leuchten. Dort hat man es auch ursprünglich entdeckt. Das Stück DNA, das in dieser Qualle dafür sorgt, dass das Protein hergestellt wird, kann in andere Organismen wie beispielsweise Bakterienzellen eingepflanzt werden. In diesen wird dann ebenfalls das grün fluoreszierende Protein produziert.

Die Proteinmoleküle haben eine zylinderförmige Struktur. Diese Struktur umschließt die eigentliche lichterzeugende Komponente, die dadurch von ihrer Umgebung abgeschirmt wird. Dies ist sehr nützlich, wenn man ein Bauteil herstellen will, in dem die lichterzeugenden Einheiten in ein enges Volumen einsperrt sind. Diese Eigenschaft ist für Laser ganz allgemein wichtig, aber für den Polariton-Laser ganz besonders. Die Natur ist da ein sehr guter Baumeister für uns gewesen.

Kommen Polariton-Laser bereits zum Einsatz?

Polariton-Laser, die bisher jedoch aus Halbleitern und nicht aus Proteinen bestanden, gibt es schon seit einiger Zeit. Damit ein solcher Laser funktioniert, muss dieser in der Regel auf extrem niedrige Temperaturen heruntergekühlt werden. Das schränkt die Anwendung natürlich sehr ein. Vor ungefähr einem Jahr wurde erstmals ein künstlich erzeugtes organisches Material verwendet, um einen Polariton-Laser herzustellen, der auch bei Raumtemperaturen arbeiten kann.

Diesen Messaufbau nutzten die Forscher, um den neuen Protein-Polariton-Laser zu charakterisieren.

Messaufbau

Allerdings werden hier Lichtpulse mit einer Länge von wenigen Picosekunden oder kürzer benötigt. Wir konnten jetzt zu Nanosekunden-Pulsen gehen, da das Protein eine spezielle Struktur hat, die das erlaubt. Dadurch sind wir noch ein Stück näher an die Anwendung solcher Laser gekommen. Bislang gibt es allerdings noch keine Verwendung auf dem Gebiet der Datenübertragung, welche von konventionellen Lasern abgedeckt werden. Aber da möchte man natürlich hin.

Was sind Vorteile von Polariton-Lasern gegenüber konventionellen Lasern?

Zum einen können Polariton-Laser bereits bei einer sehr niedrigen Anregungsenergie Laserlicht erzeugen. Es wird also weniger Energie benötigt als beim konventionellen Laser. Außerdem kann man den Polariton-Laser nicht nur als Lichtquelle verwenden, sondern auch für andere Zwecke, beispielsweise im Bereich optischer Computer oder Kryptografie. Daran forschen wir auch.

Was sind die nächsten Schritte für die Weiterentwicklung dieses Lasertyps?

Wir wollen uns zum einen weiter mit den Materialien befassen. Das grün fluoreszierende Protein hat eine sehr interessante molekulare Struktur. Aber es gibt eine ganze Klasse von fluoreszierenden Proteinen und wir wollen herausfinden, ob es andere Proteine gibt, die noch besser geeignet wären. Eine andere Richtung ist die optische Informatik: Also die Idee, aus einem Polariton-Laser komplexere Geräte wie etwa einen optischen Computer herzustellen. Polaritonen haben interessante Eigenschaften, die man dazu verwenden könnte, logische Rechenoperationen auszuführen.

 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2016/die-natur-ist-ein-sehr-guter-baumeister/