Schneller als Licht

Jan Oliver Löfken

Wenn sich ein Lautsprecher schneller als der Schall auf einen Zuhörer bewegt, tritt ein faszinierender Effekt ein. In den Ohren des Zuhörers läuft das aus dem Lautsprecher tönende Musikstück rückwärts ab. Physiker haben nun ein ausgeklügeltes Experiment aufgebaut, um den analogen Effekt auch für Licht messen zu können. Tatsächlich konnten sie mit einem sehr schnellen Detektor eine Art Zeitumkehr nachweisen. Dabei betonen sie, dass ihre Ergebnisse, veröffentlicht im Fachblatt „Science Advances“, nicht im Widerspruch zu den Theorien Albert Einsteins stehen. Weder Materie noch Information wurde mit Überlichtgeschwindigkeit übermittelt.

Versuchsanordnung: Trifft Laserlicht (links unten) auf einen gewölbten Reflektor, breiten sich die Reflexe aus der Sicht eines Beobachters (Kamera) schneller als mit Lichtgeschwindigkeit aus.

Superluminare Lichtquelle

„Aber Lichtquellen können sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen“, sagt Matteo Clerici von der University of Glasgow. Wichtige Bedingung dafür: Die Ausbreitung mit Überlichtgeschwindigkeit ist nicht mit der Bewegung von Materie verknüpft. Gemeinsam mit seinen Kollegen gelang es Clerici, mit einem schnell getakteten Laser eine Lichtquelle zu konstruieren, die aus der Sicht eines Detektors superluminar war, sich also mit Überlichtgeschwindigkeit bewegte. Für dieses Experiment lenkten die Physiker die sehr kurzen Lichtpulse des Lasers auf eine reflektierende Fläche. Die Reflexe dienten nun als jene Lichtquelle, die sich mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen sollte. Einfache geometrische Beziehungen reichten für den Effekt aus. Mit einer Hochgeschwindigkeitskamera zeichneten die Forscher die Bewegung der Reflexe über dem Reflektorschirm auf. Bei einem Winkel von 65 Grad zwischen Kamera und Reflektorschirm breiteten sich die Reflexe aus der Sicht der Kamera mit knapp der halben Lichtgeschwindigkeit aus. Die Kamera erkannte dabei eine Bewegung der Reflexe von links nach rechts auf dem Reflektorschirm. Wurde der Beobachtungswinkel jedoch auf 25 Grad verringert, bewegten sich die Reflexe aus der Sicht der Kamera etwa mit der doppelten Lichtgeschwindigkeit. Später ausgesandte Lichtpulse konnten die zuvor emittierten überholen und erreichten die Kamera zuerst. Entsprechend zeigten die Kamerabilder eine Ausbreitung der Reflexe in umgekehrter Richtung von rechts nach links.

Mit ihren Versuchen bestätigen die Forscher ein interessantes Gedankenmodell für Lichtquellen, die sich selbst relativ zu einem Beobachter schneller als das Licht bewegen können. Praktische Anwendungen könnten diese Phänomene laut Clerici etwa für die Auswertung von Seismogrammen haben. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass Erdbebenwellen innerhalb der Erde ebenfalls an gebeugten Flächen gestreut würden und dadurch zu seltsamen Messergebnissen auf der Erdoberfläche führen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2016/schneller-als-licht/