Wie Plasma Positronen beschleunigt

Jan Oliver Löfken

Wollen Physiker neue exotische Elementarteilchen entdecken, müssen sie geladene Teilchen mit immer höheren Energien aufeinanderprallen lassen. Doch höhere Energien verlangen nach längeren Beschleunigungsstrecken wie etwa im 27 Kilometer langen Ring des Large Hardron Colliders (LHC) am Cern. Für Elektronen und deren Antiteilchen, den Positronen, könnte diese kostspielige Grundregel nun durchbrochen werden. Wie eine internationale Forschergruppe in der Fachzeitschrift „Nature“ berichtet, können Positronen, die auf einer Plasmawelle surfen, auf kürzeren Strecken als bisher sehr hohe Energien erreichen. Kleinere und damit günstigere Teilchenbeschleuniger wären damit in Zukunft möglich.

Pfeilartiges Gebilde aus Linien, das links spitz zuläuft und sich rechts öffnet.

Positronenbahnen mit Plasma

„Unsere Studie ist ein wichtiger Schritt, um die nächste Generation von Elektron-Positron-Beschleunigern kleiner und weniger teuer zu gestalten“, sagt Mark Hogan vom SLAC National Accelerator Laboratory in Menlo Park. Im Blick hat er dabei den geplanten International Linear Collider (ILC), in dem Elektronen auf Positronen prallen sollen, um bei hohen Energien die am LHC in Genf gewonnenen Erkenntnisse – wie etwa die Entdeckung des Higgs-Bosons – weiter präzisieren zu können. Nach bisherigen Planungen könnte der ILC bis zu 31 Kilometer lang werden. Wann und wo dieser Beschleuniger gebaut werden könnte, ist noch nicht entschieden.

Im bereits erprobten Verfahren zur Beschleunigung von Elektronen regte ein Elektronenpaket ein Plasma aus Lithiumionen an. Durch eine so ausgelöste ‚Welle‘ wurde ein zweites Elektronenpaket beschleunigt. Um das Verfahren auch für Positronen nutzen zu können, setzten Hogan und seine Kollegen auf nur ein einzelnes Paket mit einer bestimmten Form. In einem kleinen Testbeschleuniger namens FACET lenkten sie gut 14 Milliarden vorbeschleunigter Positronen in die Plasmawolke. Dabei übertrugen die vorderen Positronen Energie auf das Plasma, welche von den hinteren aufgenommen weden konnte.

Auf einer relativ kurzen Strecke von nur 1,3 Metern nahm die Energie der Positronen um fünf Gigaelektronenvolt zu. Elektronenvolt ist die typische Einheit für die Energie beschleunigter Elementarteilchen. In herkömmlichen Teilchenbeschleuniger können Positronen ihre Energie nur etwa um ein Hunderstel dieses Werts auf gleicher Strecke steigern. Mit hochfrequenten Radiowellen sind nur geringere Beschleunigungsraten von etwa 0,03 Gigaelektronenvolt pro Meter möglich.

Plasmawellen konnten schon vor wenigen Jahren auch Elektronen sehr effizient auf kurzen Strecken beschleunigen. Damit steht nun für beide Teilchenarten – Elektronen und Positronen – eine neue Beschleunigungsmethode zur Verfügung. Doch reif für den Einsatz in zukünftigen Teilchenbeschleunigern ist dieses Verfahren nicht. So ist es aus heutiger Sicht noch nicht absehbar, ob die Beschleunigung durch Plasmawellen schon beim ILC oder erst bei nachfolgenden Generationen von Teilchenbeschleunigern zum Einsatz kommen wird.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2015/plasmawellen-in-teilchenbeschleunigern/