PANDA: Wie halten die Quarks zusammen?

Stefan Stohl

Quarks treten niemals alleine auf

Die starke Kraft ist für den Zusammenhalt des Atomkerns verantwortlich. Viele Aspekte dieser Kraft sind bereits erforscht – aber viele Fragen bleiben: zum Beispiel die nach der Art und Weise des Zusammenhalts der Quarks und welche Kombinationen aus Quarks als Teilchen existieren. Die neue Anlage FAIR wird mit hochenergetischen Antiprotonenstrahlen diesen und ähnlichen Fragen auf den Grund gehen.

Die starke Kraft hält im wahrsten Sinne des Wortes die Welt zusammen. Sie ist nicht nur für die Bindung der Neutronen und Protonen im Atomkern verantwortlich, sondern auch für den Zusammenhalt der Quarks, also der Bausteine, aus denen die Neutronen und Protonen bestehen. Die Wirkung der starken Kraft ist bei Quarks, die sich nah beieinander befinden, sehr gut erforscht. Wenn die Entfernung zwischen den Quarks allerdings größer wird, passiert etwas Seltsames: Im Gegensatz zu anderen Kräften, wie zum Beispiel der Schwerkraft, nimmt die starke Kraft bei größerer Entfernung immer mehr zu. Diese Kraft kann man sich als verbindende „Gummischnur“ vorstellen, die aus den so genannten Gluonen besteht (engl. glue: Kleber). Nimmt die Entfernung immer mehr zu, wird die Bindungsenergie schließlich so groß, dass daraus ein Quark-Antiquark-Paar entsteht. Als Ergebnis erhält man nicht zwei isolierte Quarks, sondern immer neue Quark-Antiquark-Paare. Dies bedeutet, dass Quarks nie alleine vorkommen. Diese absolute Bindung nennen die Physiker auch Confinement, also Gefangenschaft. Eine Folge davon ist, dass Quarks entweder als Dreierpaar (Baryonen) oder als Quark-Antiquark-Paar (Mesonen) auftreten. Obwohl das Confinement prinzipiell verstanden ist, sind in Bezug auf die Art und Weise, wie die Kräfte wirken, noch viele Fragen offen.

Vierteilige Grafik. 1. Eine gelbe und eine blaue Kugel, die miteinander verbunden sind. 2. Die Kugeln entfernen sich ein Stück voneinander, sind aber noch verbunden. 3. Die Kugel sind so weit auseinander, dass sie getrennt sind, aber an der Trennungsstelle entstehen je eine neue gelbe und blaue Kugel. 4. Es existieren nun nebeneinander zwei verbundene Paare aus jeweils einer gelben und einer blauen Kugel.

Quarks treten niemals alleine auf

Das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung hat bis heute eine wichtige Rolle bei der Erforschung der starken Kraft gespielt. Durch den Beschuss von Materie mit Ionenstrahlen können in Kollisionen zwischen Atomkernen die Bindungskräfte der Nukleonen (Protonen und Neutronen im Kern) untersucht werden.

Die neue Beschleunigeranlage FAIR soll es nun ermöglichen, bisher unbekannte Teilchen zu erzeugen, die aus unterschiedlichen Kombinationen von Quarks bestehen. Dadurch hoffen die Physiker die starke Kraft in allen ihren Facetten zu verstehen.

Als Werkzeug dazu dienen Teilchenstrahlen aus Antiprotonen. Antiprotonen bestehen aus drei Antiquarks und sind die Antiteilchen des Protons. Schießt man diese Antiprotonenstrahlen auf normale Materie, so vernichten sich Antimaterie und Materie (Annihilation). Aus der Vernichtungsenergie bei diesem Prozess entstehen bekannte Teilchen, aber auch Teilchenzustände, die bisher kaum erforscht beziehungsweise gänzlich unbekannt sind. Kürzlich wurde zum Beispiel erstmals von mehreren Forschergruppen ein Teilchen nachgewiesen, das aus fünf Quarks zusammengesetzt ist. Dieser Pentaquark-Zustand besteht aus vier Quarks und einem Anti-Quark.

Zum einen erhoffen sich Physiker durch diese Untersuchungen Aufschlüsse darüber, welche Verbindungen von Quarks überhaupt möglich sind. Zum anderen soll die Untersuchung ihrer Eigenschaften Aufschlüsse über das Wesen der starken Kraft ermöglichen. Nicht zuletzt soll damit auch die Frage beantwortet werden, wie die Quarks zusammenhalten.

Neben den Quarks stehen auch die Gluonen im Mittelpunkt dieses Experimentprogramms. So sagen theoretische Physiker die Existenz von so genannten Glueballs voraus. Dies sind Teilchenzustände, die ausschließlich aus Gluonen bestehen. Ebenfalls von Interesse sind so genannte Hybridzustände, das sind Verbindungen aus zwei Quarks und einem Gluon. Durch die Vernichtungsstrahlung eines Antiprotons mit einem Proton versprechen sich die Physiker auch solche Materieformen erzeugen zu können.

Eine weitere Möglichkeit, die FAIR bietet, liegt in der Erzeugung von Atomkernen, die unter normalen Bedingungen auf der Erde nicht vorkommen. Die Physiker beabsichtigen so genannte Hyperkerne zu erschaffen. Bei diesen wird in einem Proton oder Neutron ein so genanntes Strange-Quark „eingebaut“, indem man ein leichtes Quark durch ein schwereres Strange-Quark ersetzt. Vom Studium solcher Hyperkerne erwarten die Kernphysiker ein besseres Verständnis der Wechselwirkung der Quarks untereinander und der Teilchen in Atomkernen.

Viele dieser exotischen Materieformen werden von verschiedenen Theorien der starken Kraft prognostiziert, konnten bisher aber noch nie nachgewiesen werden. Deren Entdeckung wäre eine glänzende Bestätigung der theoretischen Vorhersagen. Deren Nicht-Entdeckung müsste zu einem radikalen Umdenken in Bezug auf die starke Kraft führen.

Über 300 Physiker aus 15 Ländern erhoffen sich durch das Panda-Experiment am Hochenergie-Speichering für Antiprotonen (HESR) neue Antworten auf diese weitreichenden Fragestellungen.

 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/experimente/teilchenbeschleuniger/fair/panda/