Smartphone aus elektronischem Papier funktioniert durch Verbiegen

Benutzer bevorzugen intuitive Biege-Gesten zum gezielten Bedienen

Mobiltelefon mit elektronischem Papier

Mobiltelefon mit elektronischem Papier

Kingston (Kanada)/Tempe (USA) - Das Telefon der Zukunft will gebogen werden. Weil sein Bildschirm aus flexibler Folie besteht, deren Sensoren auch ein Verbiegen und Rollen registrieren, bietet es weit mehr interaktive Möglichkeiten als heutige Touch-Displays. Die Bedienung ähnelt dem Umgang mit Papier, deshalb erwarten die Entwickler des "PaperPhone" einen schnell zu erlernenden, intuitiven Umgang mit dem Gerät. Die Forscher aus Kanada und den USA liefern passend zu ihrem Prototypen eine Studie darüber, welche Biegungen die Nutzer eines solchen Telefons bevorzugen und wie effizient die Biege-Gesten sind. Sie präsentieren Gerät und Ergebnisse am 10. Mai auf der führenden Konferenz für Mensch-Computer-Interaktionen "CHI 2011" in Vancouver, veranstaltet von der Association of Computing Machinery.

"Dies ist die Zukunft. Innerhalb von fünf Jahren wird alles so aussehen und sich so anfühlen. Das papierlose Büro ist da", erklärt Roel Vertegaal, Leiter des "Human Media Lab" der kanadischen Queen's University. "Dieser Computer funktioniert wie ein kleines Blatt interaktiven Papiers. Man interagiert mit ihm, indem man es zu einem Mobiltelefon formt, die Ecke biegt, um Seiten umzublättern, oder mit einem Stift darauf schreibt." Ebenso wie heutige Smartphones dient der Prototyp neben dem Telefonieren auch zum Musikabspielen, Bücherlesen oder ähnlichen Anwendungen. Er besteht vor allem aus einem elektrophoretischen Dünnfilmdisplay von 9,5 Zentimetern Diagonale, das mit bislang noch schwarz-weißer elektronischer Tinte, sogenannter "E-Ink", arbeitet. In seine Rückseite eingebettet sind die flexible Bildschirmtechnik und fünf Sensoren, die das Biegen an verschiedenen Achsen erkennen können. In einem flachen Kunststoffstreifen an der linken Seite, der auch als Handgriff fürs Display dient, sitzt weitere Technik.

Vertegaals Team ist nicht das erste und einzige, das sich mit flexiblen E-Paper-Displays beschäftigt. Doch gemeinsam mit Forschern der Arizona State University präsentieren sie auch gleich eine Studie zum Umgang mit der neuen Technik. "Flexible Displays erlauben interaktive Nutzung, die der mit Papierdokumenten ähnelt", schreiben die Forscher. Mithilfe von zehn Probanden hatten sie für zwanzig typische Aktionen in fünf Anwendungen - etwa das Annehmen eines Anrufs oder Umblättern einer Seite - intuitive Biege-Gesten gesammelt. Aus insgesamt 87 filterten sie die sechs häufigsten heraus. Diese stellten sich auch als am einfachsten und am wenigsten anstrengend heraus: das Biegen der rechten Kante, der oberen sowie der unteren Ecke, jeweils nach vorne oder hinten. Wenn es dabei um Richtungen ging, etwa um das Vor- und Zurückblättern, waren sich die Probanden einig, dass das Biegen nach vorne nach links und das Biegen nach hinten nach rechts führen sollte.

Der Einsatz des flexiblen E-Papiers ist zunächst in Mobiltelefonen zu erwarten, so die Forscher, weil die Geräte naturgemäß mit den zunächst nur kleinen Bildschirmen auskommen. Zudem kommen das niedrige Gewicht wie auch die Flexibilität dem mobilen Einsatz entgegen. Künftige Versionen ließen sich aber auch im Büro nutzen, sodass man dann auf Papier und Drucker verzichten könne, erklärt Vertegaal: "Alles kann digital gespeichert werden und man kann diese Computer übereinander legen wie einen Stapel Papier, oder sie auf dem Schreibtisch herumwerfen."

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2011/smartphone-aus-elektronischem-papier-funktioniert-durch-verbiegen/