Schaltkreise auf dem Gummiband

Neues Gemisch aus Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Silikon mit großer elektrischer Leitfähigkeit für flexible Schaltkreise, rollbare Monitore und bewegliche Roboterlippen

Gummi-Matrix mit über 700 Transistoren

Gummi-Matrix mit über 700 Transistoren

Tokio (Japan) - Stoßfest, flexibel und beliebig dehnbar: In Zukunft könnten diese Eigenschaften auch für heute starr-spröde Computerchips und Monitore gelten. Die Grundlage für eine solche Gummielektronik legten nun japanische Wissenschaftler. In einer Vorabveröffentlichung der Zeitschrift "Science" präsentieren sie einen elektrischen leitfähigen Silikon-Werkstoff, der sich mit Transistoren aus organischen Materialien zu einem funktionstüchtigen Elektronikmodul verknüpfen lässt.

"Der elastische Leiter ermöglicht elektronische Schaltkreise, die sich an jeden gekrümmten Ort setzen und beispielsweise in die beweglichen Gelenke von Robotern integrieren lassen", schreiben Takao Someya von der University of Tokyo und seine Kollegen vom National Institute of Advanced Industrial Science and Technology in Tsukuba. Die Grundlage dafür bildet ein Gemisch aus Silikon-Polymeren und winzige kleinen Nanoröhrchen aus Kohlenstoff. Es lässt sich auf nahezu die doppelte Größe ausdehnen, ohne dass die Leitfähigkeit leidet. Ohne Zugspannung schnellt es wieder in seine Ursprungsform zurück.

Selbst ein Anteil von bis zu 20 Gewichtsprozent an einwandigen Nanoröhrchen verringere nicht die mechanische Flexibilität und Weichheit des Polymers, berichtet Someya. Diese Röhrchen vermischten die Forscher mit einem flüssigen Kunststoff zu einem zähflüssigen schwarzen Gel, den sie auf eine Fläche auftrugen und zu einem dünnen Film erstarren ließen. Eine spezielle ionische Flüssigkeit vermeidet dabei, dass sich die Nanoröhrchen aneinanderlagern und verklumpen. Diese Leiterschicht kombinierten sie darauf mit einem Silikongummi und vereinten so Dehnbarkeit mit elektrischer Leitfähigkeit.

Der neue Werkstoff zeigte im ungedehnten Zustand eine gute Leitfähigkeit von 57 Siemens pro Meter. Er ließ sich viele Male ohne Schaden zu nehmen auseinander ziehen. Um eine mögliche Anwendung zu demonstrieren, konstruierten die Wissenschaftler ein 20 mal 20 Zentimeter großes Netzwerk aus dem Gummi-Leiter. In diese Matrix setzten sie über ein Druckverfahren 703 Transistoren aus organischen Materialien, die elektrisch über das leitfähige Gummi verbunden waren. Alle Kontakte blieben trotz Dehnungen in verschiedenen Richtungen erhalten.

"Das erweitert den Anwendungshorizont von Kohlenstoffnanoröhrchen in eine wichtige neue Richtung", beurteilt Ray Baughman von der University of Texas diese Ergebnisse. Auf relativ einfache Weise könnten so auch sehr strapazierfähige Elektronik-Module beispielsweise für intelligente Textilien oder elektrisch steuerbare Roboterkomponenten aus künstlichen Gummihäuten entwickelt werden.

Erst kürzlich berichteten amerikanische Physiker, dass sie mit Nanoröhrchen aus Kohlenstoff auch einen robusten, leitfähigen Kunststoff herstellen können. Dieses ebenfalls viel versprechende Material war auch rollbar, ließ sich aber nicht wie ein Gummiband dehnen. Aber mit aufgedruckten Schaltkreisen aus organischen Halbleitern kann dieser Werkstoff für den Aufbau von günstigen, papierartigen Displays, tragbaren Sensoren und intelligenten Verpackungen taugen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2008/schaltkreise-auf-dem-gummiband/