Magnetzange vermisst Polymerketten

Neue Analysemethode auf der Basis einer Nobelpreis-Entdeckung

Santa Barbara (USA) - Fast vier Jahrzehnte, nachdem ein US-Chemiker den Nobelpreis für seine Kunststoff-Forschung bekam, setzten Forscher die Theorie in ein praktisches Analysewerkzeug um: Mithilfe einer Art Magnetzange können sie effizient die Eigenschaften langer Polymermoleküle messen. Die Forscher wählten den vielfältig eingesetzten Kunststoff Polyethylenglykol (PEG) als Messobjekt, berichten sie in den "Physical Review Letters". Deshalb dürfte ein breites Spektrum an Anwendungen von ihrem neuen Routinewerkzeug profitieren - von Bioplastik und Beschichtungen bis hin zu medizinischen Implantaten und Biosensoren.

"Das Besondere ist, dass wir Strukturelemente des Polymers sehen, die auf jede andere Art nur schwer zu sehen sind. Und wir schaffen das innerhalb von Minuten mit einem Laborgerät", sagt Omar A. Saleh, Materialfoscher an der University of California, Santa Barbara. Der Trick besteht darin, ein Ende des langen PEG-Moleküls an einer Oberfläche und das andere an einer winzigen magnetischen Perle zu befestigen, so Saleh. Zieht man dann per Magnetfeld an der Perle, lassen sich verschiedene Elastizitätsmessungen vornehmen, die Details der Molekülstruktur verraten. Bisher waren für vergleichbare Daten die Technik der Neutronen- oder Röntgenstreuung nötig, was teure Großeinrichtungen wie Teilchenbeschleuniger oder Nuklearlabors erforderte.

"Doch wir haben jetzt eine Methode, diese Theorien direkt an einzelnen Molekülen zu testen, dank einer kraftvollen und quantitativen Technik", sagt Hauptautor Andrew Dittmore. Grundlage dafür ist die Theorie über Polymerstrukturen in Lösungen, für die Paul Flory 1974 einen Chemie-Nobelpreis erhielt. Diese Theorie hatte der Physiker Philip Pincus, ebenfalls von der UCSA, später weiterentwickelt. Jetzt arbeiteten Saleh, Dittmore und Kollegen ihr Experiment aus, um die Theorien in der Praxis zu beweisen. Ihre Ergebnisse legen auch die Basis dafür, Biomoleküle wie DNA und Proteine in ihrer Kettenstruktur mit synthetischen Kunststoffen zu vergleichen. Weiter verfeinert, sollen die Experimente zu einem handlichen und vielerorts einsetzbaren Messinstrument führen.

"Wir haben Polyethylenglykol gewählt, weil es ein inertes - nicht reaktionsfreudiges - Polymer ist, das biokompatibel ist, in Wasser löslich und für viele technische Anwendungen genutzt wird", so Dittmore. PEG kommt sowohl in Cremes und Kosmetik wie auch in Klebstoffen und der Medizin vor.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2011/magnetzange-vermisst-polymerketten/