Gefrierpunkt von Wasser nicht immer bei 0°C

Die elektrische Ladung der Unterlage entscheidet über unterschiedliche Gefrierpunkte von unterkühltem Wasser

Rehovot (Israel) - Normalerweise erstarrt Wasser bei 0 Grad zu Eis. Doch ohne Störung kann es sogar auf minus 40 Grad abgekühlt werden, ohne fest zu werden. Schon das bloße Schütteln reicht dann aus, die Flüssigkeit schockartig erstarren zu lassen. Auch elektrische Felder können das Gefrierverhalten unterkühlten Wassers beeinflussen. Israelische Wissenschaftler berichten nun in der Zeitschrift "Science", dass sogar die Polarität der elektrischen Ladung jener Fläche, auf der ein Wassertropfen liegt, eine wichtige Rolle spielt.

"Der Gefrierpunkt von Wasser ist ein kritischer Faktor in vielen Bereichen. Er spielt eine Rolle beim Überleben wechselwarmer Tiere, bei der Kryokonservierung von Zellen und Gewebe, beim Gefrieren von Getreidepflanzen und der Schneeproduktion", nennen David Ehre und seine Kollegen vom Rehovot Institute nur einige Beispiele. Daher untersuchten sie das Erstarren unterkühlten Wassers nun genauer in Abhängigkeit von elektrischen Feldern. Sie entdeckten, dass dieses Elektrofrieren von der Art der Ladung einer Unterlage abhängt. Dazu deponierten sie Wassertropfen auf dünnen Schichten aus Lithiumtantalat und Strontiumtitanat. Diese kristallinen Substanzen sind pyroelektrisch und können sich bei Temperaturänderungen elektrisch aufladen. In ihren Versuchen blieb das auf minus elf Grad unterkühlte Wasser auf der negativ geladenen Lithiumtantalat-Oberfläche flüssig. Aufgeheizt auf minus acht Grad jedoch änderte sich die Polarität und die Oberfläche war positiv geladen. Die überraschende Folge: Trotz der höheren Temperatur erstarrte der Wassertropfen sofort.

Ähnliche Experimente mit Strontiumtitanat, bei denen die Wissenschaftler das Gefrieren unter dem Mikroskop und mit Röntgenbeugung verfolgten, erlaubten noch detailreichere Einblicke. So gefriert ein Tropfen auf einer positiv geladenen Oberflächen zuerst an der Grenzfläche zwischen Substrat und Wasser. Auf einer negativ geladenen Fläche dagegen setzte die Erstarrung an der Grenze zwischen Wasser und Luft ein. Eine genaue Erklärung dieser Effekte können Ehre und Kollegen bislang noch nicht geben. Doch vermuten sie, dass die Polarität des elektrischen Feldes einen Einfluss auf die Ausrichtung der Wassermoleküle und damit auf die Bildung der Eiskeime habe.

Schon 1861 hatte der französische Chemiker L. Dafour entdeckt, dass unterkühltes Wasser durch elektrische Felder zum Gefrieren gebracht werden konnte. Erklärt wird dieser Effekt mit dem Entstehen winziger Eiskristallen, die als Keime für das schockartige Gefrieren der Flüssigkeit wirken. Weitere Experimente könnten das variable Erstarren von Wasser bei unterschiedlichen Gefrierpunkten besser erklären helfen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2010/gefrierpunkt-von-wasser-nicht-immer-bei-0c/