Bleifreie Piezoelemente
Effiziente Piezoelemente aus Wismuteisenoxid kommen erstmals ohne das giftige Schwermetall Blei aus
Berkeley (USA) - Milliardenfach finden sie sich in Feuerzeugen, in Drucksensoren oder den Einspritzdüsen moderner Dieselmotoren: Piezoelemente. Sie können mechanischen Druck in elektrische Spannung oder umgekehrt Strompulse in kleinste Bewegungen umwandeln, sind zwar sehr klein, nehmen aber eine Schlüsselrolle ein. Allerdings wird der Piezo-Markt heute von bleihaltigen Keramiken wie Blei-Zirkonat-Titanaten oder Blei-Magnesium-Niobaten dominiert. Doch nun entdeckte ein internationales Team von Physikern eine bleifreie Alternative: Dünne Filme aus Wismuteisenoxid. Über das neue Piezomaterial berichten sie in der Zeitschrift "Science".
"In solchen Materialien finden sich sehr große Reaktionen auf äußere Stimulationen meistens an Phasengrenzen", schreiben Robert Zeches von der University of California in Berkeley und seine Kollegen. Genau solche Phasengrenzen zwischen zwei Kristallstrukturen konnten sie nun in etwa 100 Nanometer dünnen Schichten aus Wismuteisenoxid ausmachen. Die Atome ordneten sich dabei in einem rhomboedrischen oder einem tetragonalen Gitter an. Auf mechanischen Druck können sich nun die Strukturen ändern und es entsteht eine elektrische Spannung. Umgekehrt kann das Material mit Strompulsen verformt werden.
Um die Stärke des piezoelektrischen Effekts dieser dünnen Schichten zu bestimmen, legten die Wissenschaftler große Spannungsfelder von bis zu zwei Millionen Volt pro Zentimeter an. Bei den höchsten Spannungswerten zeigten sich - wie zu erwarten war - die größten mechanischen Reaktionen. Bei einer Schichtdicke von 85 Nanometern beispielsweise konnten Verschiebungen von bis zu zwei Nanometern gemessen werden. Verantwortlich für diese Ausdehnungen um etwa 2,4 Prozent ist der durch die elektrischen Spannungen verursachte, reversible Phasenwechsel zwischen den beiden Kristallstrukturen.
Mit diesen Werten können die Wismuteisenoxid-Schichten durchaus mit den etablierten Blei-Verbindungen konkurrieren. Die Gruppe um Robert Zeches hat dabei besonders bleifreie Piezo-Aktoren und piezoelektrisch gesteuerte Leseköpfe für digitale Massenspeicher im Sinn. Für elektronische Feuerzeuge mit Piezozünder wäre es wohl viel zu teuer. Zwar ist die Herstellung dieser dünnen Schichten heute noch recht aufwändig, doch könnte schon bald ein wirtschaftliches Aufdampf-Verfahren entwickelt werden. Wesentliches Resultat dieser Studie bleibt jedoch, dass durch eine möglichst genaue Kontrolle der Kristallstrukturen dünne Schichten zu gewünschten, physikalischen Eigenschaften getrimmt werden können, die sie vorher kaum besitzen.
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Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2009/bleifreie-piezoelemente/