Europäischer Satellit vermisst Schwerefeld der Erde

Aus den Anomalien des irdischen Gravitationsfeldes wollen Geophysiker Informationen über den inneren Aufbau der Erde, Meeresströmungen und klimatische Veränderungen gewinnen

GOCE im All

GOCE im All

Darmstadt/Paris (Frankreich) - Am 10. September startet vom russischen Kosmodrom Plessezk aus der europäische Forschungssatellit GOCE ins All. Das Hauptziel der 20 Monate dauernden Mission ist die hochpräzise Vermessung des Gravitationsfeldes der Erde und der "Normal-Null"-Referenzfläche mit bisher unerreichter Auflösung. GOCE ist Teil des ESA-Erderkundungsprogramms "Living Planet". Die Ergebnisse sollen auch der Erdbebenforschung, der Ozeanographie und der Klimaforschung dienen.

Der 5,3 Meter lange und 1100 Kilogramm schwere Satellit soll in einer relativ niedrigen polaren Umlaufbahn mit einer Flughöhe von etwa 260 Kilometern operieren. Damit eine genaue Vermessung des irdischen Schwerefelds möglich ist, muss die Bahn von GOCE mit einer Genauigkeit von etwa einem Zentimeter in allen drei Raumrichtungen bekannt sein.

Mit GOCE wollen die Geophysiker beispielsweise flüssige Gesteinswalzen im Erdinneren studieren, die die Ursache für Kontinentaldrift und Erdbeben sind. Dort, wo die Kontinentalplatten zusammenstoßen und ins Erdinnere abtauchen, treten häufig Erdbeben auf. In anderen Gebieten driften sie auseinander, dort drängt Tiefenmaterial an die Oberfläche. Die Forscher interessieren sich dafür, was sich unter diesen Nahtstellen verbirgt.

Ein weiterer Anwendungsbereich von GOCE ist die Ozeanographie. Die Klimaforscher diskutieren darüber, wie stark der Meeresspiegel in Folge der globalen Erwärmung ansteigt. Es ist jedoch schwierig, die Höhe des Meeresspiegels mit der notwendigen Genauigkeit von etwa einem Zentimeter zu messen. Denn bislang fehlt eine ausreichend genaue Referenzfläche ("Normal-Null"), relativ zu der Veränderungen gemessen werden könnten. Mit GOCE soll diese Referenzfläche weltweit auf einen Zentimeter, gebietsweise sogar bis auf wenige Millimeter genau festgelegt werden.

Durch die Beobachtung zeitlicher Veränderungen des Schwerefelds können die Forscher zudem Rückschlüsse auf Massenverlagerungen im Erdinneren, auf den Kontinenten, in den Ozeanen und in den eisbedeckten Gebieten der Erde ziehen. Die hochpräzisen Messwerte von GOCE ermöglichen damit völlig neue Einblicke in die Dynamik der Ozeane, die wiederum einen starken Einfluss auf das Wettergeschehen und die globale Veränderung des Klimas haben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2008/europaeischer-satellit-vermisst-schwerefeld-der-erde/