Heißer Kandidat für Wasserwelt

Dirk Eidemüller

Blauer Planet im Vordergrund, heller Stern im Hintergrund

NASA, ESA, Leah Hustak (STScI), Ralf Crawford (STScI)

Dank moderner Astronomie können wir selbst auf fernen Planeten Wasserdampf aufspüren. Wasserhaltige Welten können prinzipiell lebenstauglich sein – jedenfalls, wenn es sich um erdähnliche Gesteinsplaneten handelt. Bislang wurde jedoch vor allem bei großen Gasriesen, die Jupiter oder Neptun ähneln, Wasserdampf in der Atmosphäre nachgewiesen. Nun hat ein Forschungsteam das geändert: Der kleinste Exoplanet, in dessen Atmosphäre sich nun Wasserdampf nachweisen ließ, liegt in 97 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Fische und trägt den Namen GJ 9872d. Wie die Forschenden im Fachmagazin „Astrophysical Journal Letters“ veröffentlichten, ist er knapp doppelt so groß wie die Erde.

Über einen Zeitraum von drei Jahren haben die Forschenden diesen Planeten eingehend mit dem Weltraumteleskop Hubble beobachtet. Dabei zeichneten sie insgesamt elf Transits auf: schwache Verdunklungen des Sterns, wenn der Planet vor seinem Zentralgestirn vorbeizog und dessen Licht blockierte. Solche Ereignisse erlauben Astronominnen und Astronomen nicht nur, die Existenz von Exoplaneten nachzuweisen – sie verraten auch viel über deren Eigenschaften.

Mini-Neptun oder lebensfeindliches Dampfbad?

Denn während der Transits verdeckte auch die Atmosphäre von GJ 9872d einen Teil des Sterns. Dabei absorbierten die atmosphärischen Bestandteile bestimmte Wellenlängen – das Sternenlicht während des Transits war nicht nur schwächer, sondern auch etwas anders zusammengesetzt. Mit spektroskopischen Aufnahmen konnten die Forschenden die veränderten Lichtanteile bestimmen und daraus schließen, wie sich die Atmosphäre des Planeten zusammensetzt. Die spannende Entdeckung: Erstmals fand sich auf einem Planeten dieser Größenklasse ein klarer Hinweis auf Wasserdampf in der Atmosphäre.

Noch ist allerdings die Frage offen, um was für eine Sorte von Planeten es sich bei GJ 9872d wirklich handelt. Einerseits könnte er – wie ein Mini-Neptun – eine aufgeblähte wasserstoffhaltige Atmosphäre besitzen, die zusätzlich eine kleine Menge Wasserdampf beinhaltet. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass der Planet seine urzeitliche Atmosphäre aus Wasserstoff und Helium bereits verloren hat. Die Strahlung des Sterns könnte sie weggeblasen haben: Denn der Planet kreist sehr nah am Stern, ist mit einer Temperatur von rund 400 Grad Celsius ähnlich heiß wie die Venus und bereits rund sechs Milliarden Jahre alt. In diesem Fall ähnelt seine Atmosphäre einem überhitzten Dampfbad – unwirtlich für Lebensformen, aber spannend für die Astronomie, um die verschiedenen Typen von Atmosphären auf kleineren Planeten zu erforschen.

Anhand der bisherigen Daten lässt sich nicht zwischen diesen beiden Szenarien unterscheiden. Wegen der Nähe zum Zentralgestirn halten die Forschenden aber die zweite Alternative für wahrscheinlicher. Um der Frage auf den Grund zu gehen, ob der Planet eine Art kleiner Neptun mit wasserstoffhaltiger Atmosphäre ist oder den Wasserstoff in seiner Atmosphäre schon verloren hat und eher eine Wasserwelt ist, hat mittlerweile auch das James-Webb-Teleskop einen Blick auf den Planeten geworfen – seine Daten wollen die Forschenden nun auswerten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2024/exoplaneten-heisser-kandidat-fuer-wasserwelt/