Unmöglicher Planet um Roten Riesen

Rainer Kayser und Redaktion

Ein Planet, in dessen Umgebung zwei Sterne in einem hellen Leuchtball miteinander verschmelzen

Adam Makarenko/W.M. Keck-Observatorium

Als Astronominnen und Astronomen 2015 einen Planeten bei dem 520 Lichtjahre entfernten Stern 8 Ursae Minoris im Sternbild des Kleinen Bären entdeckten, erschien daran zunächst nichts besonders: Es ist ein Gasriese, der seinen Stern auf einer engen Umlaufbahn umrundet. Solche „heißen Jupiter“ gibt es bei vielen Sternen. Doch jetzt warf ein Forschungsteam einen genaueren Blick auf den Stern – und war verblüfft: Der Planet dürfte gar nicht existieren, denn der Stern ist alt und müsste sich in der Vergangenheit über die Bahn des Planeten hinaus aufgebläht haben. Für die Existenz des eigentlich unmöglichen Planeten müsse es also eine ungewöhnliche Erklärung geben, so die Forschenden im Fachblatt „Nature“.

„Halla“, wie die ursprünglichen Entdeckerinnen und Entdecker den Planeten getauft haben, umkreist seinen Stern „Baekdu“ etwa im halben Abstand der Erde zur Sonne. Der Stern und sein Planet sind nach dem nördlichsten und dem südlichsten Berg in Korea benannt. Nun zeigen die neuen Beobachtungen des Teams um Marc Hon von der University of Hawaii mit dem NASA-Weltraumteleskop TESS und weiteren Fernrohren auf der Erde, dass Baekdu kein gewöhnlicher Stern wie unsere Sonne ist: In seinem Inneren verbrennt bereits Helium per Kernfusion zu schwereren Elementen. Baekdu ist also ein Roter Riese, ein alter Stern, bei dem der Wasserstoff im Zentrum aufgebraucht ist.

Planet im Vordergrund, im Hintergrund ein großer rötlicher Stern und ein kleinerer weißer; von dem roten geht eine Verbindung zum weißen aus

Halla und seine zwei Sterne

Doch beim Übergang vom Wasserstoff- zum Heliumbrennen müsste sich der Stern aufgebläht haben – weit über die Bahn von Halla hinaus. Dabei wäre der Planet zerstört worden. Die naheliegende Lösung: Der Planet könnte ursprünglich weiter außen gekreist haben und erst nach der Aufblähung des Sterns auf seine jetzige Umlaufbahn gelangt sein. Dagegen spreche jedoch, so die Forschenden, die nahezu exakt kreisförmige Umlaufbahn von Halla. Eine Migration des Planeten von außen würde zu einer deutlich elliptischen Bahn führen.

Für die Existenz des Planeten müsse es also eine andere Erklärung geben, so Hon und sein Team. Die Forschenden vermuten, dass es sich bei Baekdu ursprünglich um einen engen Doppelstern gehandelt hat. Die beiden Sterne sind sich – so die Erklärung – immer näher gekommen, haben Gas untereinander ausgetauscht und sind schließlich miteinander verschmolzen. Dieser Vorgang könnte die Aufblähung beim Übergang zum Heliumbrennen verhindert haben. Auf diese Weise wäre Halla der Vernichtung entgangen.

Es gibt aber noch eine zweite mögliche Erklärung: Vielleicht gab es den Planeten ursprünglich gar nicht. Als die beiden Sterne endgültig verschmolzen, könnte viel Gas ausgestoßen worden sein – und dieses Gas hat sich in einer Wolke angesammelt und schließlich zu dem Gasplaneten verdichtet.

Unabhängig davon, welche dieser beiden Erklärungen korrekt ist, zeige das System von 8 Ursae Minoris, dass Planeten auch in der Nähe von roten Riesensternen mit Heliumbrennen möglich sind. „Ungewöhnliche Entwicklungen von Sternen spielen möglicherweise eine wichtige Rolle für das Überleben von Planetensystemen bei alten Sternen“, betonen Hon und sein Team. Auch bei solchen Sternen lohne sich also die Suche nach Planeten auf engen Umlaufbahnen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2023/exoplaneten-unmoeglicher-planet-um-roten-riesen/