Schwerkraftmessung mit schwebenden Magneten

Jan Oliver Löfken

Meeresufer bei Ebbe im Sonnenuntergang mit Schiff im Hintergrund

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Wie schnell ein Objekt zu Boden fällt, lässt auf die Anziehungskraft der Erde schließen. Deutlich genauer lässt sich diese jedoch mit modernen Messgeräten – sogenannten Gravimetern – bestimmen. Mit schwebenden Kügelchen über einem supraleitenden Ring messen sie winzige Schwankungen der Erdbeschleunigung. Doch Supraleiter müssen aufwendig gekühlt werden. Nun entwickelte ein Forschungsteam ein genaueres Gravimeter, das zudem bei Raumtemperatur kleinste Schwankungen der Schwerkraft messen kann. Wie sie in der Fachzeitschrift „Physical Review Letters“ berichten, eignet sich der Sensor auch für einen mobilen Chip.

Sein neues Gravimeter baute das Team um Yingchun Leng von der Nanjing University aus zwei Magneten auf. Diese schirmten die Forschenden in einer Vakuumkammer mit einem Mantel aus sogenanntem Mu-Metall aus Nickel und Eisen von äußeren Magnetfeldern ab. Im oberen Teil des Sensors positionierten sie einen Magneten, der einen kleineren, nur 215 Milligramm schweren Magneten darunter anzog. Die Massen und den Abstand der beiden Magnete stimmten sie so aufeinander ab, dass der untere schwebte und sich im Wechselspiel zwischen Schwerkraft und Magnetfeld einpendelte. Nach längerer Wartezeit schwang er dann regelmäßig einmal pro Sekunde.

An den schwebenden Magneten montierten die Forschenden eine kleine Lasche. Auf diese Lasche fokussierten sie über eine Glasfaser einen Laserstrahl. Bei der Schwingung des Magneten verdeckte die Lasche den Laserstrahl mehr oder weniger, wodurch bei einem empfindlichen Detektor hinter der Lasche dann entsprechend unterschiedlich viel Licht ankam.

Schwingung des Magneten verrät variierende Schwerkraft

Ihr neues Gravimeter nutzten die Forschenden, um kleinste Veränderungen der Schwerkraft zu messen. Diese kommen zustande, da sich die Position von Sonne und Mond relativ zur Erde in Kreisläufen immer wieder verändert. In der Natur entstehen dadurch die Gezeiten mit Ebbe und Flut. Im neuen Gravimeter veränderte sich mit der Schwerkraft die Schwingung des schwebenden, unteren Magneten – was dann auch die Abdeckung der Lasche und damit das Signal veränderte, das auf den Lichtdetektor traf.

Über diese Messungen konnte das Team um Yingchun Leng die Erdbeschleunigung und ihre Abweichungen vom Mittelwert 9,81 m/s² auf sechs Nachkommastellen genau bestimmen – etwa drei Mal genauer als bisherige Messungen. Mit dieser Präzision lassen sich etwa Lavaströme unter Vulkanen untersuchen oder auch Erdöllagerstätten im Untergrund ermitteln. Das Team hält es auch für möglich, das neuartige Gravimeter noch deutlich zu schrumpfen und in einen Sensorchip zu integrieren, der an Bord von kleinen Drohnen das Schwerefeld einer Region während eines Flugs misst.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2024/gravitation-schwerkraftmessung-mit-schwebenden-magneten/