Sauberes Wasser aus Nebel

Jan Oliver Löfken

Bewaldeter Hügel im Nebel

Laszlo Peto/iStock

Von der Pazifikküste Perus treiben häufig Nebelschwaden die Hänge der Anden hinauf. Um aus diesen Schwaden Trinkwasser zu gewinnen, kommen sogenannte Nebelfänger zum Einsatz – eine Technik, die sich auch in trockenen Regionen der Erde – etwa in Südamerika, im Oman oder in Marokko verbreitet. Bei den Nebelfängern handelt es sich um Netze aus dünnen Kunststofffäden, die jeweils bis zu mehrere hundert Liter Wasser an einem Tag sammeln. Nun entwickelte eine Forschungsgruppe eine zusätzliche Beschichtung. Wie sie in der Fachzeitschrift „Nature Sustainability“ berichtet, lässt sich damit das gewonnene Wasser direkt reinigen.

Gerade in der Nähe von Städten ist die Luftverschmutzung so hoch, dass sich auch im Nebel in der Luft zahlreiche organische Schadstoffe anreichern. Gewinnt man Trinkwasser aus dem Nebel, befinden sich diese Schadstoffe auch in dem gesammelten Wasser. Um Abhilfe zu schaffen, entwickelten Thomas Schutzius und seine Kollegen an der ETH Zürich eine wenige Nanometer dünne Beschichtung für die Netze auf der Basis von winzigen Titandioxidpartikeln und dem Kunststoff Polydimethylsiloxan.

Eine Beschichtung, die Schadstoffe zersetzt

Die Beschichtungen wirken in zweierlei Hinsicht: Die Kunststoffbeschichtung lässt Nebel schnell an den Netzen kondensieren und in einen Sammelbehälter abfließen, ehe der Wind die Wassertropfen davonbläst. Die Partikel aus Titandioxid wiederum zersetzen einen Großteil der Schadstoffe.

Versuchsaufbau auf einem Dach unter freiem Himmel: eine transparente Röhre ist an einem Metallständer befestigt, vor ihrer Öffnung befindet sich ein Drahtgeflecht; davor auf dem Boden steht eine Glasröhre auf einer Waage; in der Öffnung der Röhre steckt ein Trichter

Versuchsanordnung unter freiem Himmel

Da letztere Reaktion am besten abläuft, wenn gleichzeitig ultraviolettes Licht – ein Teil der Sonnenstrahlung – einstrahlt, führten Schutzius und sein Team zwei Tests durch. In einem bestrahlten sie die beschichteten Fäden im Labor mit künstlichem UV-Licht, in einem weiteren Freilandversuch nutzten sie natürliches Sonnenlicht. In beiden Experimenten erzeugten sie künstlichen Nebel, indem sie Wasser verdampften, das sie zuvor mit organischen Substanzen – wie etwa Diesel oder der Chemikalie Bisphenol A – verunreinigt hatten.

Wie die Wissenschaftler berichten, ließ sich jedes Mal ein Großteil der Schadstoffe zersetzen, bei sonnigem Wetter bis zu 90 Prozent. Und selbst bei so starker Bewölkung, dass keine ultraviolette Strahlung mehr einfiel, betrug der Wert immer noch beachtliche 85 Prozent. Dafür machten die Forscher einen speziellen Effekt des Titandioxids verantwortlich, den sie photokatalytisches Gedächtnis nennen. Damit meinen sie, dass das Titandioxid auch ohne UV-Licht wirksam ist und sich danach reaktivieren lässt. Dazu musste es auf den Fäden jeden Tag mindestens eine halbe Stunde der UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt sein. So wird es wieder für einen weiteren Tag einsetzbar und kann erneut Schadstoffe zersetzen.

„Unser System sammelt nicht nur Wasser aus Nebel, sondern reinigt es sogar“, fasst Ritwick Ghosh vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz zusammen, der an den Arbeiten beteiligt war. Wie die Beschichtung Schadstoffe selbst ohne einstrahlendes ultraviolettes Licht zersetzt, wollen die Forscher noch genauer untersuchen, um die reinigenden Beschichtungen dann in Nebelfängern einzusetzen. Darüber hinaus sei die neue Beschichtung auch in Kühltürmen von Kraftwerken vorstellbar, die große Mengen Wasserdampf freisetzen, so Schutzius.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2023/wassergewinnung-sauberes-wasser-aus-nebel/