Erbgut-Entschlüsselung im Schnellverfahren

Nanokanal mit dünnen Graphen-Schichten identifiziert die vier Grundbausteine der DNA

Graphen-Schichten für DNA-Sequenzierer

Graphen-Schichten für DNA-Sequenzierer

Pohang (Korea) - Etwa 15 Jahre hat es gedauert, bis die Genomforscher um Craig Venter und parallel dazu das Humangenomprojekt HUGO das erste Erbgut eines Menschen vollständig kartieren konnten. Sehr viel schneller, innerhalb von wenigen Stunden, könnten die rund drei Milliarden Basenpaare und etwa 25.000 Gene in naher Zukunft ausgelesen werden. Den Prototyp eines extrem schnellen Gen-Lesegeräts entwickelten nun koreanische Forscher und präsentieren ihn in der Fachzeitschrift "Nature Nanotechnology". Damit rückt das Ziel einer persönlichen Genanalyse, die beispielsweise das individuelle Risiko für Diabetes oder Krebs anzeigt, ein großes Stück näher.

"Ein Gerät zur schnellen und zuverlässigen DNA-Sequenzierung sollte in naher Zukunft experimentell möglich sein", sind Kwang S. Kim und seine Kollegen von der Pohang University of Science and Technology überzeugt. Auf diesem Weg konstruierten sie einen Nanokanal, den sie mit einer einatomigen Schicht aus Kohlenstoff, dem Nobelpreismaterial Graphen, abdeckten. Darauf ließen die Forscher kleine Erbgutschnipsel durch den Nanokanal fließen. Je nachdem, welche der vier Basen - Adenin, Thymin, Cytosin und Guanin - die Graphenfolie passierte, veränderte sich die elektrische Leitfähigkeit. Diese Änderungen konnten sie mit extrem empfindlichen Widerstandsmessungen bestimmen und erhielten eine genaue Basenabfolge der Gensequenz.

Bisher klappte die Methode allerdings nur für relativ kurze Erbgut-Abschnitte. Bis zu einem Lesegerät für komplette Genome sind noch einige Jahre Entwicklungsarbeit nötig. Doch sind sich die Forscher sicher, dass mit ihrem Graphen-Nanokanal dieses Ziel erreicht werden könne. Ganz neu ist diese Idee für einen ultraschnellen Genom-Sequenzierer allerdings nicht. Bereits vor zwei Jahren konzipierte Henk Postma von der California State University in Northridge ein solches Gerät mit den hauchdünnen, geschlitzten Graphenschichten, allerdings nur auf dem Papier.

"Graphen ist das ideale Material, um daraus Nanospalten für Sequenzierzwecke zu machen", zeigte sich Postma überzeugt. Er schlug vor, dass lange Abschnitte eines menschlichen DNA-Moleküls, gesteuert durch elektrische Spannungen, durch einen feinen Riss in der Graphenschicht geschleust werden sollten. Zugleich sollte eine zweite Spannung parallel dazu an die Kohlenstoffmembran angelegt werden. Schlängelt sich nun das Erbgut-Molekül durch den Kohlenstoff-Riss, kann ein kleiner Strom durch die jeweils unterschiedliche Base - Adenin, Thymin, Cytosin oder Guanin - fließen. Dieser Stromfluss sollte jedoch für jede Base andere Werte annehmen. Aus dieser Messung der elektrischen Eigenschaften der Biomoleküle könnte die Reihenfolge der Basen und damit der Aufbau der DNA rasch zu bestimmen sein.

Sowohl Henk Postma als auch seine koreanischen Kollegen könnten sich in die Reihe der Wissenschaftler einreihen, die auf die zehn Millionen Dollar Preisgeld des so genannten X-Prize für Genomik schielen. Gewinner wird, wer als erster 100 individuelle Genome innerhalb von zehn Tagen vollständig mit einer Genauigkeit von mindestens 98 Prozent sequenziert. Die Kosten dürfen dabei nicht höher als 10.000 Dollar pro Genom liegen. Ein Ziel, das sich zumindest theoretisch mit dem Graphen-Sequenzierer erreichen ließe.

 

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2011/erbgut-entschluesselung-im-schnellverfahren/