Wie rosa Diamanten an die Oberfläche kamen

Jan Oliver Löfken

Vier verschieden geschliffene Diamanten vor schwarzem Hintergrund; drei davon sind rötlich gefärbt, einer blau

Murray Rayner

Sie entstanden durch enormen Druck im Innern der Erde, sind extrem hart und faszinieren seit jeher durch ihr Funkeln: Diamanten. Neben den farblos im Licht schillernden Exemplaren gibt es Diamanten auch in zahlreichen anderen Farben. Im Nordwesten Australiens etwa liegt die Argyle-Diamantenmine, aus der bis zu ihrer Stilllegung im Jahr 2020 rund 90 Prozent aller rosafarbenen Diamanten gewonnen wurden. Doch wie die Edelsteine zur Erdkruste gelangt sind, war lange ein Rätsel. Eine neue Erklärung lieferte nun eine Datierung von Mineralien aus der Mine. Wie ein Forschungsteam in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ berichtet, könnten die Ergebnisse helfen, bisher unerschlossene Diamantvorkommen zu finden.

Luftaufnahme eines Bergwerks: links zeigen sich terrasenförmige Formationen in einer unbewachsenen Gegend, rechts mehrere technische Anlagen und Gebäude

Argyle-Diamantenmine

Für ihre Untersuchungen nahmen Hugo Olierook von der Curtin University in Perth und sein Team Mineralien aus der Argyle-Diamantenmine unter die Lupe. Hierzu sammelten sie rund zwei Kilogramm Proben und zerschnitten sie in zwei bis drei Zentimeter kleine Würfel. Mit einem Laser trennten sie hiervon winzige Mengen ab und analysierten mit einem hochauflösenden Massenspektrometer, woraus die Kristalle zu welchen Anteilen bestanden. Anhand dieser Zusammensetzung ermittelten sie auch das Alter der Proben. Dies gelang ihnen mithilfe von Atomvarianten von Uran, den Isotopen 235U und 238U. Denn im Lauf der Jahrmillionen zerfallen diese zu Thoriumisotopen und schließlich zu den Bleiisotopen 207Pb und 206Pb. Da bekannt ist, wie lange der Zerfall dauert – je nach Zerfallsweg und Bestandteile zwischen 704 und 4500 Millionen Jahre –, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Menge an Zerfallsprodukten in den gefundenen Kristallen bestimmen und daraus auf das Alter der Proben schließen.

Durch Riss in Kontinentalplatte bis zur Erdkruste gelangt

Bei diesen Datierungen stellte sich heraus, dass die Mineralien etwa 1,3 Milliarden Jahre alt sind – und damit 100 Millionen Jahre älter als bisher angenommen. Demnach hatte sich die Lagerstätte mitsamt der Diamanten aus Materialflüssen tieferer Erdschichten im Erdmantel gebildet. Damit die Diamanten an die Erdoberfläche gelangen konnten, mussten vulkanische Prozesse einen Weg bis zur Erdkruste öffnen.

Wie dies möglich war, erklären Olierook und sein Team mit einem plattentektonischen Prozess. Damals, so die Forschenden, zerriss der Urkontinent Nuna: Die damals auf der Nordhalbkugel liegende australische Platte trennte sich von der Landmasse, die später den Norden Chinas bildete. Auch wenn die Argyle-Diamantenmine nicht direkt an der Plattengrenze lag, dehnten sich dabei dennoch die Gesteinsschichten in dieser Region aus – sie wurden instabiler. So brachen vulkanische Materialflüsse bis zur Erdoberfläche durch. Die Diamanten, die sich bereits rund 500 Millionen Jahre früher bei einer Kollision tektonischer Platten unter extremem Druck gebildet hatten, konnten dann durch diese vulkanischen Kanäle aufsteigen.

Die Ergebnisse erklären nicht nur, woher die pinkfarbenen Diamanten kommen – sie sind auch darüber hinaus vielversprechend. Denn das Forschungsteam um Hugo Olierook hofft, dass sich anhand ihrer Ergebnisse bisher unentdeckte Diamantenvorkommen in Australien aufspüren lassen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2023/erdgeschichte-wie-rosa-diamanten-an-die-oberflaeche-kamen/