Tiefgreifende Stürme auf Jupiter

Rainer Kayser

Planetenoberfläche, die von einem großen Wirbel und mehreren Bändern durchzogen ist

NASA/JPL-Caltech/SwRI/MSSS/ Gerald Eichstädt /Seán Doran

Der Große Rote Fleck auf dem Planeten Jupiter ist der größte Wirbelsturm in unserem Sonnensystem – und tobt bereits seit zwei Jahrhunderten. Messungen der Raumsonde Juno zeigen nun, dass sich der Wirbelsturm bis weit unter die Wolkendecke des Planeten erstreckt. Und auch andere Stürme rings um den Gasplaneten reichen mit bis zu 3000 Kilometern viel tiefer in dessen Atmosphäre als bislang angenommen, wie zwei Forscherteams im Fachblatt „Science“ berichten.

Bereits im frühen 17. Jahrhundert – kurz nach der Erfindung des Fernrohrs – entdeckten Astronomen verschiedenfarbige Streifen in der Atmosphäre von Jupiter, dem größten Planeten in unserem Sonnensystem. Inzwischen ist bekannt, dass es sich dabei um Bereiche unterschiedlicher Temperatur und chemischer Zusammensetzung handelt. An den Grenzen dieser atmosphärischen Bänder toben gewaltige Stürme – Jets genannt – mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 1500 Kilometern pro Stunde. Auch zahlreiche Wirbelstürme lassen sich in der Atmosphäre des Gasriesen finden. Der Große Rote Fleck ist mit einer Länge von 16 000 Kilometern der wohl prominenteste Vertreter und sogar größer als die gesamte Erde.

Künstlerische Darstellung eines Satellit vor dem Planeten Jupiter

Raumsonde Juno

„Wie sich all diese Strukturen in der Jupiteratmosphäre nach unten verändern, wissen wir nicht“, erläutert Scott Bolton vom Southwest Research Institute in den USA. Mithilfe der Raumsonde Juno, die den Gasriesen seit Juli 2016 umkreist, wollten die Forscher dessen Atmosphäre besser verstehen. Dazu analysierten Bolton und sein Team nun Mikrowellenstrahlung aus dem heißen Inneren des Planeten, die teils von der Atmosphäre absorbiert wird. So lässt sich aus der Strahlung, die auf den Messgeräten der Raumsonde ankommt, auf die Beschaffenheit der Atmosphäre schließen.

Auf diese Weise erhielten die Forscher einen tiefen Blick in den Großen Roten Fleck: Zu ihrer Überraschung reicht der Wirbelsturm bis weit unter die Wolkendecke des Planeten hinab. Demnach, so die Folgerung der Wissenschaftler, müsse es dort Niederschläge und abwärts strömende Winde geben, die möglicherweise eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Erhaltung des Großen Roten Flecks spielen.

Parallel zu diesen Messungen analysierte ein weiteres Forschungsteam um Marzia Parisi vom California Institute of Technology kleine Störungen in der Umlaufbahn der Raumsonde Juno. Denn aus diesen können die Wissenschaftler auf Schwankungen in der Dichte der Jupiteratmosphäre schließen und so ebenfalls Erkenntnisse über die Tiefe der Stürme gewinnen. Die Jets reichen demnach bis in eine Tiefe von 3000 Kilometern – während der Große Rote Fleck hingegen gerade einmal 500 Kilometer hinabreicht. Zum Vergleich: Auf der Erde findet das Wettergeschehen lediglich in den untersten zehn Kilometern der Atmosphäre statt.

„Warum der Große Fleck so viel flacher ist als die Jets, wissen wir nicht“, schreiben Parisi und ihre Kollegen. Sicher sei nur, dass der Mechanismus, der den Wirbelsturm antreibt, völlig anders sein müsse als bei irdischen Stürmen: „Denn auf der Erde spielt die Oberfläche eine wichtige Rolle.“ Und als Gasplanet besitzt Jupiter keine feste Oberfläche. Doch die Forscher dürfen auf weitere Einblicke in die atmosphärischen Phänomene des Riesenplaneten hoffen – denn Juno bleibt voraussichtlich noch bis 2025 in Betrieb.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2021/tiefgreifende-stuerme-auf-jupiter/