Die Milchstraße ist eine verbogene Scheibe

Rainer Kayser

Punkte zeigen die Positionen der Cepheiden auf einer schematisch dargestellten Spiralgalaxie.

J. Skowron/OGLE/Astronomical Observatory/University of Warsaw

Nahezu alle Sterne im Milchstraßensystem verteilen sich in einer dünnen Scheibe. Doch offenbar ist diese galaktische Scheibe nicht flach, sondern leicht verbogen und verdreht. Das bestätigt nun eine neue dreidimensionale Karte unserer Heimatgalaxie, die Astronomen mithilfe von pulsierenden Sternen erstellt haben. Woher diese Deformation – die sich nicht nur in der Milchstraße, sondern etwa bei der Hälfte aller Spiralgalaxien beobachten lässt – kommt, sei bislang unklar, so die Forscher im Fachblatt „Science“.

Das Team um Przemek Mróz von der Sternwarte der Universität Warschau bestimmte die Entfernungen von über 2400 Cepheiden. Dabei machten sich die Wissenschaftler zunutze, dass die Helligkeit dieser jungen Sterne streng periodisch schwankt. Die Dauer der Pulsation hängt dabei von der Leuchtkraft, also der tatsächlichen Helligkeit der Objekte, ab. Anhand der auf der Erde gemessenen Helligkeit lässt sich daher auf die Entfernung der Himmelskörper schließen. Durch die hohe Anzahl an untersuchten Sternen konnten Mróz und seine Kollegen die Verteilung der Cepheiden nun besser als je zuvor darstellen.

Es zeigte sich, dass ein großer Teil der veränderlichen Sterne systematisch entweder oberhalb oder unterhalb der galaktischen Ebene liegt. „Damit ist es uns erstmalig gelungen, die Deformation mithilfe individueller Objekte in drei Dimensionen zu zeigen“, erklärt Mróz. Zwar gab es bereits zuvor Hinweise darauf, dass die Scheibe der Milchstraße verbogen ist. Doch diese Indizien waren indirekter Natur oder basierten auf Analogien zu anderen Galaxien. Als Ursachen für die beobachtete Deformation diskutieren Astronomen die Anziehungskräfte naher Galaxien und den Einfall von kleineren Galaxien in die größeren Spiralsysteme.

Die Wissenschaftler um Mróz entdeckten in der Verteilung der Cepheiden zudem drei bogenförmige Häufungen der veränderlichen Sterne. Mithilfe von Computersimulationen zeigte das Team, dass sich diese auffälligen Strukturen durch drei Episoden erhöhter Sternentstehung in den Spiralarmen der Milchstraße erklären lassen. Diese müssten etwa vor 64, 113 und 175 Millionen Jahren stattgefunden haben.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2019/die-milchstrasse-ist-eine-verbogene-scheibe/