Größte Marefläche auf dem Mond ist kein Einschlagbecken

Rainer Kayser

Links Bild des Vollmonds, mitte farblich kodierte Höhenkarte des Mondes, rechts frablich kodierte Schwerkraft-Anomalien, hier sind Abweichungen an Kraterrändern zu erkennen, sowie vier ausgeprägte Linien, die den Oceanus Procellarum begrenzen.

Die größte Marefläche auf dem Mond ist kein Einschlagbecken, sondern das Produkt vulkanischer Aktivität auf dem Erdtrabanten. Wie Messungen mit den Raumsonden der GRAIL-Mission zeigen, handelt es sich bei dem vermeintlichen Rand des Einschlagbeckens um magmatische Gesteinsgänge, sogenannte Dykes. Aufsteigendes Magma hat dort etwa dreitausend Kilometer lange Grabenbrüche gefüllt, die eine große rechteckige Struktur auf der erdzugewandten Seite des Mondes bilden. Eine unterschiedlich schnelle Abkühlung der Mondoberfläche habe zur Bildung der Grabenbrüche geführt, so das Forscherteam im Fachblatt „Nature“.

Vollmond mit farbig überlagerten, lang gestreckten Strukturen.

Vollmond mit den von GRAIL aufgespürten Gesteinsgängen

„Ein solches rechtwinkliges Muster von gravitativen Anomalien haben wir nicht erwartet“, zeigt sich Teamleiter Jeff Andrews-Hanna von der Colorado School of Mines erstaunt. Die beiden Sonden der Mission GRAIL (Gravity Recovery and Interior Laboratory) haben 2012 den Erdtrabanten in einer Höhe von 55 Kilometern und einem Abstand von rund 200 Kilometern als Tandem umkreist. Mithilfe von Mikrowellen wurde der Abstand der beiden Sonden ständig mit hoher Genauigkeit überwacht. Diese Technik erlaubt es, das Schwerefeld des Mondes präzise zu vermessen.

Der Oceanus Procellarum – Ozean der Stürme – ist die größte Mare-Region auf dem Mond. Als Mare bezeichnen die Astronomen dunkle Tiefebenen auf dem Erdtrabanten, bei denen es sich um erstarrte Lavadecken handelt. Allein anhand der Oberflächenstrukturen konnten die Astronomen bislang nicht eindeutig erkennen, ob der Ozean der Stürme in der Zeit des „Großen Bombardements“ vor vier Milliarden Jahren durch den Einschlag eines Asteroiden entstanden ist oder nicht.

GRAIL hat es den Forschern nun ermöglicht, einen Blick unter die Oberfläche des Erdtrabanten zu werfen. Gesteine unterschiedlicher Herkunft besitzen eine unterschiedliche Dichte und erzeugen damit auch eine unterschiedliche Gravitation. So können die Forscher aus kleinen Abweichungen im Schwerefeld des Mondes auf seinen inneren Aufbau schließen. In den jetzt ausgewerteten GRAIL-Daten stießen Andrews-Hanna und seine Kollegen auf die große rechteckige Struktur aus erstarrtem Magma. Die Form dieser magmatisch-tektonischen Struktur, die den Oceanus Procellarum umfasst, lasse sich, so die Forscher, durch thermische Spannungen erklären: Die Region sei schneller abgekühlt als ihre Umgebung.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2014/vulkanische-aktivitaet-statt-einschlagbecken/