Der Mond – aktiver als gedacht?

Rainer Kayser

Der Mond ist seit drei Milliarden Jahren geologisch tot. So dachten die Wissenschaftler jedenfalls bislang.

Providence (USA) - Nun aber präsentiert ein Team amerikanischer Forscher im Fachblatt "Nature" Beweise dafür, dass es noch in geologisch jüngster Vergangenheit - vielleicht vor einer Million Jahren - Gasausbrüche auf dem Erdtrabanten gegeben hat. Die Forscher stützen ihre These auf die Analyse von Mondfotos der Apollo-Missionen, sowie auf Messungen der chemischen Beschaffenheit der Mondoberfläche durch spätere Mondsonden. Die Ausbrüche könnten ein Indiz dafür sein, dass es im Inneren des Mondes entgegen bisheriger Annahmen noch Überreste geschmolzenen Magmas gibt.

"Wir sind uns darüber im Klaren, dass der Mond vulkanisch tot ist", gesteht Peter Schultz von der Brown University in Providence ein, "aber trotzdem kann der Mond ab und an rülpsen, und diese Rülpser können tief aus der Kehle des Mondes kommen." Gemeinsam mit seinen Kollegen Matthew Staid und Carlé Pieters hat Schultz eine auffällige, D-förmige Struktur, die so genannte Ina-Region, einer eingehenden Analyse unterzogen. Das etwa drei Kilometer große Gebiet zeigt ungewöhnlich scharfe Strukturen, "so etwas kann auf dem Mond nicht lange bestehen", erklärt Schultz, "es müsste innerhalb von 50 Millionen Jahren zerstört werden." Denn der Mond hat zwar keine Atmosphäre und damit keine normalen Verwitterungsprozesse wie auf der Erde. Dafür nagen jedoch beständig Teilchenströme von der Sonne und Mikrometeoriten an seiner Oberfläche.

Neben der Schärfe der Strukturen belegen nach Ansicht von Schultz, Staid und Pieters zwei weitere Indizien das geologisch junge Alter der Ina-Region. So finden sich in ihr erheblich weniger Krater als in der Umgebung. Aus den Kraterzählungen schließen die Forscher auf ein Alter von etwa zwei Millionen Jahren. Und schließlich zeigen spektroskopische Vermessungen der Region die gleiche chemische Beschaffenheit wie in extrem jungen Einschlagskratern.

Schultz, Staid und Pieters schließen aus der Beschaffenheit der Ina-Region, dass dort in geologisch jüngster Vergangenheit ein Gasausbruch stattgefunden hat. Ina ist eine von insgesamt vier solcher jungen Regionen auf der erdzugewandten Seite des Mondes, alle vier liegen am Schnittpunkt alter geologischer Verwerfungen. An solchen Punkten könnten sich tief im Inneren des Mondes Gasansammlungen bilden, die dann durch Spalten in der Mondkruste explosionsartig entweichen. In dieses Bild passen jüngere Untersuchungen von Mondbeben, die auf das Vorhandensein von kleinen Mengen an geschmolzenem Gestein im Mondinneren hindeuten. Ausgasungen dieser Magmaüberreste könnten zu den Ausbrüchen führen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2006/der-mond-aktiver-als-gedacht/