Maßgeschneiderter beugungsfreier Lichtstrahl für optische Mikroelektronik

Magdalena Kersting

Scharf umgrenzte räumliche Struktur
Im oberen Teil des Bildes sind schematisch die beiden ebenen Wellen durch eine Reihe von parallelen Strichen dargestellt, die sich überlagern und durch geometrische Konstruktion ihrer Schnittpunkte einen einzelnen Lichstrahl erzeugen. Im unteren Teil des Bildes erkennt man einen gelben Laser, der die Goldfolie bestrahlt und damit die ebenen Wellen und den „Nadelstrahl“ erzeugt.

Schema des Nadelstrahls

Cambridge (USA) – Beugung ist ein fundamentales Prinzip der Wellenausbreitung – egal ob man Schall-, Wasser- oder Lichtwellen beobachtet. Breitet sich ein Lichtstrahl aus, weitet er sich zwangsläufig aufgrund von Beugungseffekten. Das führt bei optischen Signalübertragungen aber zur Abschwächung des Signals und damit zu Informationsverlusten. Einem Forscherteam um Jiao Lin der Harvard University ist es jetzt gelungen, einen neuen Typ Lichtstrahl zu konstruieren, der sich auf vergleichsweise langen Distanzen beugungsfrei ausbreitet. Diesen Schritt auf dem Weg zu einer schnellen und verlustfreien optischen Mikroprozessortechnik stellen die Wissenschaftler in der Zeitschrift „Physical Review Letters“ vor.

Trifft Licht auf die Oberfläche eines Metalls, kann eine periodische Dichteschwankung von Elektronen entstehen, die man als Quasiteilchen auffasst – die sogenannten Plasmonen. An die Plasmonen koppeln Photonen, und eine elektromagnetische Welle breitet sich mit den Plasmonen entlang der Oberfläche aus. Die Forscher haben in ihrem Experiment eine mit Gold beschichtete Glasplatte durch zwei Reihen von Kerben so präpariert, dass ein optisches Gitter entsteht. Bestrahlt man diese Anordnung mit einem Laser, bilden sich zwei ebene Wellen mit unterschiedlicher Ausbreitungsrichtung aus, die sich überlagern und konstruktiv verstärken.

Strahlenförmige Beugungsfiguren. Die Beugungsmaxima sind sehr kurz bis auf ein horizontal bis zu 80 Mikrometer hinausragendes Beugungsmaximum. Simulation und Messung sind in guter Übereinstimmung.

Simulation und Messung des Nadelstrahls

Es entsteht eine gut zu kontrollierende und hoch lokalisierte elektromagnetische Welle, die sich eng gebunden an der Goldoberfläche bis zu 80 Mikrometer beugungsfrei ausbreitet. Das entspricht in etwa der Dicke eines Blatt Papiers und stellt in der Welt der optischen Mikroprozessoren eine für Plasmonenwellen zuvor technisch nicht zu erreichende Entfernung dar. Die Abschwächung des Strahls aufgrund von Beugungseffekten war immer zu groß. „Wir sind einen entscheidenden Schritt zur Lösung dieses Problems gegangen, indem wir die Existenz einer bislang übersehenen Lösung der Maxwellgleichungen entdeckt und experimentell bestätigt haben“, bewertet Federico Capasso von der Harvard School of Engineering and Applied Sciences die neuen Ergebnisse. Die Maxwellgleichungen bilden den mathematischen Rahmen zur Beschreibung aller elektromagnetischen Phänomene in der Natur.

Der „Nadelstrahl“, wie die Wissenschaftler den schmalen Lichtstrahl selbst anschaulich getauft haben, gibt nach ihrer Ansicht einen neuen Impuls in der Entwicklung von ultraschnellen Mikroprozessoren, die zukünftig deutlich geringere Datenverluste aufweisen könnten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2012/nadelstrahl/