Magnetoelektronik und magnetische Datenspeicherung

Hans Peter Oepen

Speicherdichte

Insbesondere die magnetische Datenspeicherung verlangt nach immer kleineren magnetischen Strukturen. Doch es reicht nicht, herkömmlich Technik einfach auf einen kleineren Maßstab zu übertragen. Die Natur des Magnetismus zwingt die Forscher dazu, nach neuen Miniaturisierungsstrategien zu suchen.

Die fortschreitende Digitalisierung unserer Technik und Welt erweckt einen zunehmenden Bedarf an digitaler Daten- und Informationsspeicherung, was wiederum eine stetig wachsenden Nachfrage nach Speicherkapazität und nach Möglichkeiten der Lagerung von Datenträger verursacht. Zum Beispiel hat die Verdrängung der analogen Aufzeichnung von Röntgenaufnahmen in der medizinischen Diagnostik durch digitale Verfahren ein riesiges Datenaufkommen zur Folge. Eine vollständige Torax-Aufnahme z.B. umfasst eine Datenmenge von 10 MB (1 Megabyte = 1 Millionen Byte). Der geschätzte Bedarf an Speicherplatz für die weltweit anfallenden Daten der medizinischen Diagnostik beträgt einige 10 Petabyte (1 Petabyte = 1 Milliarde Megabyte, also etwa 1015 Byte) pro Jahr. Speichert man diese Daten auf Compact Disc, so benötigt man über 10 Million Disc (700 MB) mit einer Gesamthöhe von über 10 km und einem Gewicht von über 160 Tonnen. Ähnliche Datenmengen fallen bei Banken, Verwaltungen, Versicherungen etc. an und werden noch weit übertroffen vom Speicherbedarf der Audio- und Videoanwendungen. Um diese Datenmengen digital speichern zu können und logistisch verwaltbar zu machen, bedarf es einer Steigerung der Speicherdichten bei gleichzeitiger Reduzierung der Kosten pro gespeicherter Dateneinheit.

In den letzten Jahren verdoppelte sich die Speicherdichte in kommerziell erhältlichen magnetischen Medien etwa alle 1,5 Jahre. Möchte man diesen Trend aufrecht erhalten, muss in zukünftigen Anwendungen aus verschiedenen Gründen nach neuen Konzepten gesucht werden.

Dreiteilige Grafik von schwarz-weißen Rechtecken, die nebeneinander liegen. Nach unter immer schmaler werdend.

So werden magnetische Bits geschrumpft

Zum einen bedeutet eine kleinere Größe der eingeschriebenen Information, dass die vom Lesekopf zu erfassenden Signale immer kleiner werden. Damit müssen neuartige, hochempfindliche Magnetsensoren eingesetzt werden. Mit dem Riesenmagnetowiderstand sind hier in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielt worden und hochempfindliche Leseköpfe konnten bis zur Marktreife entwickelt werden. Technologisch entsteht ein weiteres Problem, wenn die Speicherdichte sehr hoch wird, nämlich das Problem der Adressierung. Der Schreib und Lesekopf muss sehr genau positioniert werden und das sollte in möglichst kurzen Zeiten möglich sein. Diese Bedingung ist mit der herkömmlichen Art der Speicherung, bei der sich eine Komponente bewegt, nur noch in beschränktem Maße realisierbar. Neue Ideen sind vorgestellt worden, wobei ein Konzept der Adressierung ähnlich dem des RAMs (random access memory) die besten Möglichkeiten bietet.

Ein weiteres Problem der Miniaturisierung liegt in der Natur des Magnetismus selbst begründet. Die magnetische Austauschwechselwirkung ist dafür verantwortlich, dass sich magnetische Momente parallel ausrichten und sogenannte permanente Magnete (jeder kennt zum Beispiel Stab- oder Hufeisenmagnete) entstehen. Diese Wechselwirkung verhindert aber andererseits, dass zwischen Bereichen entgegengesetzter Magnetisierung (den unterschiedlichen Bits) ein abrupter Übergang existiert. Statt dessen bilden sich zwischen den Bits Übergangsbereiche, die sogenannten Domänenwände, mit einer kontinuierlichen Rotation des Magnetisierungsvektors, aus (siehe Abbildung). Diese Wände werden bei weiterer Miniaturisierung die kleinsten Abstände und damit die Speicherdichten limitieren. Ein Konzept, das dies überwinden helfen soll, ist die Strukturierung des magnetischen Materials. Das Speichermedium besteht in diesem Fall aus Feldern vieler kleiner magnetischer Strukturen. Jede einzelne Struktur ist eine Informationseinheit. Die Größe der Einheit ist gegeben durch die lateralen Abmessungen der Struktur. Diese und ihre Abstände können sehr klein werden. Es werden dadurch Domänenwände vermieden und die Speicherdichte wird durch die Periodizität des Feldes bestimmt. Kombiniert man diesen Ansatz mit der Auslesetechnik des RAMs, so ist man beim Konzept des MRAMs. Dieses neuartige Konzept verspricht die Computer der Zukunft zu revolutionieren. Die Realisierung dieses Konzepts erfordert neuartige Herstellungsmethoden für nanoskalige Systeme und eine sehr genaue Manipulation verschiedener Eigenschaften solcher „Nanomagnete“. An solcherart Aufgaben und Fragestellungen arbeiten unter anderem die Forschungsgruppen „Rastersensormethoden“ und „Grenz- und Oberflächenphysik“ der Universität Hamburg.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/spintronik/datenspeicherung/