Höhere Datendichte durch Ringe aus Dipolen

Ungewöhnliche Anordnung von Dipolen in ferroelektischen Materialien soll Speichertechnologie verbessern

Domänen im ferroelektrischen Datenspeicher

Domänen im ferroelektrischen Datenspeicher

Jülich/Halle - Heutige Festplatten aus magnetischen Materialien können Daten lange speichern, sie sind beim Beschreiben und auslesen aber eher träge. Speicher aus Halbleitermaterialien operieren zwar schneller, allerdings müssen die elektrischen Ladungen ihrer Kondensatoren ständig aufgefrischt werden, damit die Daten nicht verloren gehen. Eine weitere Möglichkeit sind ferromagnetische Speicher, die sowohl schnell als auch langfristig Informationen festhalten können. Mithilfe hochauflösender Mikroskopie beobachtete ein Team des Forschungszentrums Jülich und des Max-Planck-Institus für Mikrostrukturphysik nun ein Phänomen, durch das sich die Daten auf ferroelektrischen Schichten viel dichter packen ließen, als bisher vermutet: ein ringförmiger Fluss aus Dipolen.

Ferroelektrische Speicher bestehen aus Elementarzellen, die polarisiert werden. Dabei verschiebt ein elektrisches Feld die positiv und negativ geladenen Atome leicht gegeneinander, die Zelle wird so leicht verzerrt und es entsteht ein Dipol. Durch ein umgekehrt gepoltes Feld kann die Polarisierung wieder rückgängig gemacht werden. Der Bereich, in dem die Dipole gleich ausgerichtet sind, heißt Domäne, jede Domäne kann ein Bit speichern.

Die Forscher aus Halle und Jülich nutzten ein Ferroelektrikum aus Blei, Zirkonium, Titan und Sauerstoff, auch Bleizirkonattitanat oder PZT genannt. Die PZT-Schicht trugen sie auf einer Unterlage aus einkristallinem Strontiumtitanat auf, als Zwischenlage fügten sie eine dünne Schicht Rutheniumoxid ein, um die Grenzfläche zwischen PZT und Unterlage besser bestimmen zu können. Anschließend legten sie Spannungen an und untersuchten die Probe mit einem Transmissionselektronenmikroskop. Das Mikroskop bestrahlt die dünnen Materialschichten mit Elektronen und ermittelt anhand der Streuung die Positionen der Atome. Es kann diese auf wenige Pikometer genau bestimmen (ein Pikometer ist ein Tausendstel Nanometer).

Zwischen der Domänengrenze und der Rutheniumoxid-Zwischenlage machten die Forscher eine interessante Entdeckung: Es hatte sich eine weitere Domäne von nur wenigen Nanometern Durchmesser gebildet, in der die Dipole nicht alle in die gleiche Richtung zeigten, sondern unterschiedlich stark gedreht waren und so einen halbringförmigen Übergang zwischen den beiden Domänengrenzen bildeten. Bislang waren nur Domänen ab einer Größe von 20 mal 20 Nanometern bekannt, mit dem nachgewiesenen Effekt ließen sich jedoch deutlich mehr Bits auf der gleichen Fläche speichern.

Obwohl eine ringförmige Anordnung von Dipolen in der Theorie möglich ist, hatte die Forschergruppe nicht erwartet, dass sie sich tatsächlich erzeugen lässt. Grund ist der Energieaufwand: Bei ferromagnetischen Materialien tragen Elektronen die Magnetisierung und lassen sich in ihrer Richtung leicht verändern, während die magnetische Umorientierung bei ferroelektrischen Speichern wesentlich mehr Energie erfordert, da sie die Struktur des Kristalls stört. Außerdem ist Ferroelektrizität ein kollektives Phänomen, wenn die Zahl der gleich polarisierten Dipole zu klein ist, entstehen elektrische Ladungen an der Oberfläche, welche die Anordnung stören. Deshalb war der Ringschluss nur an der Grenze zur Zwischenlage zu beobachten und nicht an der Oberseite der PZT-Schicht.

"Wir werden nun die genauen Bedingungen untersuchen, unter denen sich Strukturen mit einer ringförmigen Polarisierungen bilden", erklärt Marin Alexe vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik. Die Bits könnten in solchen Systemen kodiert werden, in dem ein Teil der Dipole im Uhrzeigersinn und ein Teil in entgegengesetzter Ausrichtung gedreht sind. "Doch bis es Datenspeicher gibt, die pro Quadratzoll dauerhaft mehrere Billionen Datenpunkte speichern und diese schnell aufnehmen und abgeben wie heutige Arbeitsspeicher, werden noch einige Jahre verstreichen", ergänzt Alexes Kollege Dieter Hesse.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2011/hoehere-datendichte-durch-ringe-aus-dipolen/