Nanospinne mit Erbgut-Beinen

Winzige Nanoroboter schreiten gezielt auf einer Oberfläche und können Moleküle transportieren

Nano-Spinne in Aktion

Nano-Spinne in Aktion

New York/Tempe (USA) - In Science-Fiction-Romanen bauen Nanoroboter komplexe Maschinen aus einzelnen Molekülen oder reisen durch Blutbahnen, um Patienten zu heilen. Während diese Visionen weit in die Zukunft reichen, gelangen nun zwei amerikanischen Forschergruppen wichtige Schritte in diese Richtung. Sie schufen aus Proteinen und Erbgutsträngen winzige Nanomaschinen, die entweder in eine vorgegebene Richtung gelenkt werden oder eine Ladung aus Molekülen transportieren konnten. Ihre Ergebnisse präsentierten die Teams zeitgleich in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Nature".

Mit einem Protein als Körper und kurzen DNA-Strängen als Beine marschierten schon vor drei Jahren erste Nano-Spinnen in den Laboren der University of Oxford. Das Team um Hao Yan von der Arizona State University in Tempe konnte nun diese Bewegungen gezielt kontrollieren. In ihren Versuchen diente eine 20 Basen lange Molekülsequenz als Anker und drei weitere DNA-Stränge als Beine. Für den Antrieb nutzen die Forscher die DNA-Hybridisierung aus. Ein Prozess, bei dem sich komplementäre Einzelstränge zu Doppelsträngen zusammenlagern. Yan und Kollegen entwickelten nun eine Oberfläche mit speziell angeordneten DNA-Molekülen. Mit einzelnen dieser Stränge verknüpften sich nun nacheinander die drei Laufbeine der "DNA-Spinne", bereits bestehende Kopplungen wurden dabei wieder gelöst. So konnte sich die "DNA-Spinne" Stück für Stück von Erbgut-Strang zu Erbgut-Strang hangeln. Mit einem Atomkraftmikroskop erkannten die Forscher, dass ihre Nanoroboter mit einer Geschwindigkeit von drei Nanometern pro Minute in 50 Schritten eine Strecke von 100 Nanometern zurücklegten.

Ebenfalls mit DNA-Strängen bauten Nadrian C. Seeman und Hongzhou Gu von der New York University mit ihren chinesischen Kollegen der Nanjing Universität ihre Nanoroboter, die sogar eine Ladung aus einzelnen Molekülen tragen konnten. Dieser Nanoroboter besteht aus vier DNA-Beinen und zusätzlich drei weiteren, molekularen Armen, an denen verschiedene Moleküle angedockt werden können. Durch die Zugabe von speziellen DNA-Abschnitten lässt sich dieser Nanoroboter auch durch den Prozess der DNA-Hybridisierung antreiben. Aber zusätzlich können die DNA-Arme einzelne Moleküle von einer Oberfläche über die Wechselwirkung mit der einzelsträngigen Erbgutsequenz aufnehmen und an einem anderen Punkt wieder absetzen.

Synthetische Moleküle, die herumlaufen, Lasten tragen und als chemische Fabriken agieren, ist ein erklärtes Ziel der Molekular-Robotiker weltweit. So äußert sich Lloyd M. Smith, Chemiker an der University of Wisconsin, in einem begleitenden Kommentar begeistert: "Es ist inspirierend, solche Kreativität und schnellen Fortschritt bei der Entwicklung autonomer, molekularer Systeme zu sehen." In weiteren Schritten könnten nun beide Ansätze – kontrollierter Lauf und Lastentransport – in einem Nanoroboter kombiniert werden. Dennoch sind solche Versuche noch sehr weit von jeder denkbaren Anwendung – sei es eine Nanofabrik oder ein Arzneitransporter – entfernt.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2010/nanospinne-mit-erbgut-beinen/