Perfekt geschmiert wie ein Kniegelenk

Winzige Borsten aus Kunststoff gleiten selbst unter hohen Belastungen fast reibungsfrei aneinander vorbei

Rehovot (Israel) - Mit keinem Fett können Ingenieure bisher Scharniere so gut schmieren wie ein natürliches Hüft- oder Kniegelenk. Selbst unter hohen Belastungen fressen sich die Gleitflächen der Gelenke nicht fest. Doch mit winzigen Kunststoffborsten auf einer glatten Oberfläche kommen israelische Wissenschaftler dem natürlichen Vorbild sehr nahe. Wie sie in der Zeitschrift "Science" berichten, könnte damit die Beweglichkeit und Belastbarkeit von künstlichen Gelenken deutlich verbessert werden.

"Die sehr geringe Reibung in natürlichen Gelenken konnte mit künstlichen Kontaktflächen bis heute nicht erreicht werden", schreiben Jacob Klein vom Weizmann Institute in Rehovot und seine Kollegen von der University of Oxford. Doch mit winzigen Nanoborsten aus Kunststoff konnten sie erstmals vergleichbare Schmiereigenschaften erzielen. Dazu deponierten sie auf einer glatten Oberfläche Polymerketten aus einer Phosphorylcholin-Verbindung (pMPC). Nur bis zu 40 Millionstel Millimeter lang, konnten diese Ketten Wassermoleküle stark an sich binden. Diese wurden selbst bei Druckbelastungen von bis zu 7,5 Megapascal nicht aus den Borsten heraus gepresst, sondern konnte weiterhin den Reibungswiderstand signifikant verringern.

Mit dem pMPC-Polymer wählten die Forscher bereits einen biokompatiblen Kunststoff. Daher besteht die Hoffnung, dass diese Nanoborsten auch zur Beschichtung von körperverträglichen Implantaten genutzt werden könnten. Bevor künstliche Hüftgelenke allerdings mit diesem fast reibungsfreien Schmierstoff ausgestattet werden können, müssten noch aufwendige Versuchsreihen an lebenden Organismen durchgeführt werden.

Stabilere und besser verträgliche Kunstgelenke haben auch die Forscher um Philipp Imgrund vom Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) in Bremen im Blick. "Ein Hüftgelenk muss möglichst frei beweglich und reibungsarm sein", sagt Imgrund. Um das tägliche Zusammenspiel zwischen hartem metallischen Implantat und weichem biologischen Gewebe zu verbessern, setzt er mikroskopisch kleine Noppen auf die Implantatoberfläche. An diesen können sich lebende Zellen besser anheften als an glatte Flächen und so die Reibung mit natürlich gewachsenen Schmiermitteln verbessern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2009/perfekt-geschmiert-wie-ein-kniegelenk/