Lichtblitz ruft Supraleitung bei Raumtemperatur hervor

Manche der im dreidimensionalen Gitter angeordneten Kugeln schwingen hin und her.

Supraleiter können elektrischen Strom ohne jeden Widerstand und damit völlig verlustfrei transportieren. Allerdings müssen die Materialien dafür auf sehr tiefe Temperaturen gekühlt werden. Im Vorjahr entdeckten Forscher, dass der Hochtemperatursupraleiter Yttriumbariumkupferoxid, kurz YBCO, kurzzeitig schon bei Raumtemperatur supraleitend wird, wenn man ihn mit Laserblitzen im Infrarotbereich bestrahlt. Den Mechanismus dahinter erklären nun Forscher um Roman Mankowsky vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg im Fachmagazin „Nature“.

Im Kristallgitter des untersuchten keramischen Materials YBCO wechseln sich leitende mit nichtleitenden Schichten ab. Ein supraleitender Strom kann eine nichtleitende Schicht für gewöhnlich nur durchdringen, wenn das Material kalt genug ist. Um herauszufinden, warum die Kollegen im Vorjahr unter Lichteinstrahlung bereits bei Raumtemperatur einen solchen Strom quer zu den Schichten sahen, nahmen Mankowsky und sein Team das Kristallgitter während des Vorgangs auf. „Zunächst schickten wir einen Infrarotblitz in den Kristall. Er regte bestimmte Atome zu Schwingungen an“, erläutert Mankowsky. „Kurz darauf schickten wir einen kurzen Röntgenblitz hinterher, um die genaue Kristallstruktur des angeregten Kristalls zu vermessen.“ Der Infrarotblitz versetzte die Atome nicht nur in Schwingung, sondern verschob zusätzlich ihre Position im Kristall. Die isolierenden Lagen wurden dadurch kurzzeitig minimal dünner. Deshalb könnte sie von den Trägern des supraleitenden Stroms aus der entsprechend verbreiterten Schicht leichter durchquert werden. Auch theoretische Berechnungen legen nahe, dass die Supraleitung begünstigt ist, wenn die Schichten wie im Experiment verschoben sind.

Die Verschiebung hielt in etwa so lange an, wie der supraleitende Strom in der vorausgehenden Untersuchung floss. „Diese ähnliche zeitliche Signatur dient uns als Indiz, dass sich die mikroskopischen Verschiebungen im Kristall auf makroskopische Größen wie die Leitfähigkeit auswirken“, so Mankowsky.

Zum einen helfe das neue Resultat, die noch unvollständige Theorie der Hochtemperatursupraleiter, zu denen YBCO gehört, zu verfeinern. „Zum anderen könnte es Materialforscher dabei unterstützen, neue Supraleiter mit höheren Sprungtemperaturen zu entwickeln“, sagt Mankowsky.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2014/supraleitung-bei-raumtemperatur/