Schnellere Warnung vor einer Massenpanik

Mit einem Phasenwechsel-Modell für Menschenströme erkennt ein Computer kritische Momente in Echtzeit

Analysierter Menschenstrom

Analysierter Menschenstrom

Manchester (Großbritannien) - Ob Duisburg, Mekka oder Brüssel: Nach jeder tödlichen Massenpanik wird nicht nur nach den Schuldigen gesucht, sondern auch nach besseren Strategien, um solche Katastrophen in Zukunft vermeiden zu können. Schon heute lässt sich mit geeigneten Einsatzplänen, Leitsystemen oder simulierten Menschenströmen das Risiko verringern. Doch ein zuverlässiges Warnsystem während einer Großveranstaltung steht trotz Überwachungskameras noch nicht zur Verfügung. Diese lebensrettende Lücke wollen nun britische Wissenschaftler mit einem intelligenten Computer-Algorithmus stopfen. In einer Vorabveröffentlichung auf der "Arxiv"-Plattform stellen sie ihre Idee zur Diskussion.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Methode einen effizienten Weg hin zur automatischen Erkennung einer Massenpanik bietet", schreiben Peter J. Harding und seine Kollegen von der Manchester Metropolitan University. Dazu wollen sie die Live-Aufnahmen der Überwachungskameras nutzen. Nicht nur geschultes Personal, sondern auch das Computerprogramm soll die Bilder permanent analysieren. Die Grundlage bildet eine Art "Phasenwechsel" in der Menschenmasse, wie er auch in Werkstoffen zwischen geordneten festen und ungeordneten flüssigen Zuständen auftritt.

In einer großen Menge verhalten sich Menschen mehr oder weniger gleichartig. Ein Menschstrom bewegt sich im Idealfall geordnet auf sein Ziel zu. In einer einsetzenden Panik geht diese labile Ordnung verloren und einzelne Menschen schlagen unvorhersehbare Wege ein. Genau dieses Wechsel von geordnetem zu ungeordnetem Verhalten kann der Computer aus den Überwachungsvideos sehr schnell in Echtzeit erkennen. Darauf könnte das System das Sicherheitspersonal warnen, um sofort geeignete Maßnahmen zur Entspannung der kritischen Situation einzuleiten.

In einem Testlauf mit Videoaufnahmen von der Massenpanik 2003 in einem Nachtclub in Rhode Island soll die Software die einsetzende Katastrophe sehr schnell erkannt haben. Fehlalarme des Systems blieben laut Aussage der Forscher zwar möglich. Diese stünden aber in keinem Verhältnis zu den möglichen Folgen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2010/schnellere-warnung-vor-einer-massenpanik/