Chemiker verändern Moleküle allein mit mechanischem Druck

Kochen oder Mischen, Bestrahlen oder elektrisch Aufladen: Chemiker nutzen viele Wege, um neue Materialien herzustellen. Amerikanische Forscher haben nun eine völlig neue Methode entwickelt. Allein mit mechanischen Kräften konnten sie chemische Bindungen lösen und neue Moleküle entstehen lassen.

Urbana (USA) - Dieser Syntheseweg, den sie in der Zeitschrift "Nature" beschreiben, könnte zu bisher unbekannten Werkstoffen und selbstheilenden Materialien führen.

"Mechanische Kräfte führen normalerweise nur zu einem Aufbrechen von Bindungen", berichten Charles R. Hickenboth und seine Kollegen von der University of Illinois in Urbana-Champaign. Für ihr Experiment nutzten sie ein spezielles Polymer, das eine zerbrechliche Gruppe aus vier Kohlenstoffatomen enthielt. Verteilt in einer Flüssigkeit strahlten sie auf dieses Material Ultraschallwellen ab. Die Polymerketten wurden dadurch entwirrt. Zusätzlich entstanden kleine Blasen, die beim Zerplatzen mechanische Kräfte auf das Molekül ausübten. Dadurch brachen die Vierer-Kohlenstoffringe auf und gingen neue Bindungen mit benachbarten Molekülgruppen ein. Diese auf mechanische Kräfte reagierenden Ringe bezeichnen die Forscher als so genannte Mechanophore.

"Das ist ein sehr eleganter Weg, um einzelne Moleküle zu erhalten", beurteilt Virgil Percec von der University of Pennsylvania dieses Experiment. Philadelphia. Obwohl das neu entstandene Molekül keinen direkten Nutzen aufweist, wollen die Wissenschaftler nun nach weiteren Mechanophoren suchen. Verläuft diese Suche erfolgreich, könnten gezielt völlig neue Werkstoffe mithilfe von Ultraschall und mechanischen Kräften hergestellt werden. Denkbar ist sogar ein selbstheilendes Material, dass unter Druck erst zerbirst, danach aber neue stabile Bindungen eingehen könnte.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2007/chemiker-veraendern-molekuele-allein-mit-mechanischem-druck/