Mikroben können sich interkontinental ausbreiten

Eine Modellrechnung zeigt, dass für Bakterien selbst Ozeane keine Grenzen darstellen

Bakterien

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Liverpool (England), Zürich (Schweiz) - Befinden sich mikroskopisch kleine Lebewesen, sogenannte Mikroben, erst einmal in der Luft, können sie in einem relativ kurzen Zeitraum weite Teile der Erde erreichen. Zu diesem Schluss kommen Forscher um Dave Wilkinson von der Liverpool John Moores University in England mithilfe von Computersimulationen. Das Team hatte darin simuliert, wie kleine Organismen durch Winde in der Atmosphäre verteilt werden. Laut ihren Berechnungen können die winzigen Lebewesen von Mexiko aus in einem Jahr große Teile der nördlichen Hemisphäre besiedeln, von Südafrika aus große Teile der südlichen Hemisphäre.

Die Arbeit der Wissenschaftler basiert auf Modellen für die globale atmosphärische Zirkulation, die ursprünglich für das Ausbreiten von Staubpartikeln in der Atmosphäre entwickelt worden waren. Wilkinson und seine Kollegen führten die Rechnungen für Kleinstlebewesen mit verschiedenen Durchmessern im Mikrometerbereich durch. Demnach können Organismen, die kleiner als zwanzig Mikrometer sind - also zum Beispiel Bakterien -, in der Atmosphäre große Strecken in relativ kurzen Zeiten zurücklegen. Lebewesen, die größer als sechzig Mikrometer sind, haben dagegen eine verschwindend geringe Wahrscheinlichkeit, solche Strecken zurückzulegen. Dies begründen die Wissenschaftler mit der sehr viel höheren Stückzahl der kleineren Mikroben und ihrer längeren Aufenthaltsdauer in der Atmosphäre. Ein erstaunliches Ergebnis der in der Fachzeitschrift "Journal of Biogeography" publizierten Arbeit ist das schnelle Ausbreiten innerhalb einer Hemisphäre und ein sehr schlechtes Durchmischen der südlichen und nördlichen Hemisphäre untereinander.

Lange hatte sich Wissenschaftler gefragt, ob Mikroben alle weltweit geeigneten Lebensräume besiedeln können oder ob ihre Reichweite begrenzt ist. Das Resultat der Forscher um Wilkinson kann einerseits erklären, warum es auf der Erde starke regionale Unterschiede im Vorkommen der Kleinstlebewesen gibt und warum dennoch einige Bakterien in mehreren voneinander weit entfernten Gebieten heimisch sind. Der Konkurrenzkampf mit bereits lokal angepassten und etablierten Organismen in einem neuen Lebensraum könnte dafür verantwortlich sein, dass es trotz einer schnellen Ausbreitung von Mikroben große lokale Unterschiede der Lebensformen gibt, so die Autoren. Kommende Projekte sollen unter anderem diesen Sachverhalt genauer untersuchen. Zudem könnten die Berechnungen der Forscher Aufschluss darüber geben, wie sich Krankheitserreger in der Luft über große Strecken ausbreiten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2011/mikroben-koennen-sich-interkontinental-ausbreiten/