Irreversible Folgen durch den Klimawandel

Dirk Eidemüller

Ozean mit Eis umspült blaue Eisberge

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Die globalen Anstrengungen gegen den Klimawandel haben zwar an Fahrt aufgenommen, sind aber immer noch unzureichend. Denn einen wichtigen Punkt, der bereits im 6. Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC zur Geltung kam, zeigt nun auch eine neue Studie im Fachblatt „Nature Climate Change“ deutlich: Viele klimatische Änderungen sind unumkehrbar – selbst wenn die weiteren Emissionen auf Null zurückgingen und das heute ausgestoßene Kohlendioxid in Zukunft wieder aus der Atmosphäre entfernt würde.

Die Konzentration von Treibhausgasen wie Kohlendioxid beeinflusst zahlreiche Systeme auf der Erde. Dazu gehören Meeresströmungen in den Ozeanen und die Eisbedeckung – vor allem in der Antarktis und auf Grönland, aber auch das Meereis sowie die Gletscher der Hochgebirge. Wie sich für solche und andere Systeme steigende und sinkende Konzentrationen von Treibhausgasen auswirkten, analysierten Soong-Ki Kim von der Yonsei-Universität in Seoul und seine Kollegen nun mit detaillierten Computersimulationen.

Dabei stellte sich heraus, dass sich deutlich steigende Konzentrationen der Treibhausgase über Jahrhunderte auswirkten. Selbst dann, wenn die Konzentrationen der Treibhausgase schon lange wieder auf das Anfangsniveau gesunken waren, stellten sich nicht wieder die ursprünglichen klimatischen Bedingungen ein. Taut etwa der Eisschild auf Grönland infolge des Treibhauseffekts und verliert an Höhe, gerät seine Oberfläche in immer tiefere und wärmere Lagen und lässt das Eis noch schneller schmelzen. Auch starker Schneefall und selbst die Rückkehr zu niedrigen Treibhausgaskonzentrationen würde den Eisschild dann nicht wieder wachsen lassen. Insgesamt änderten sich für die untersuchten Zeiträume auf insgesamt 89 Prozent der Erdoberfläche die Temperaturen und auf 58 Prozent die Niederschlagsmuster unumkehrbar.

Doch nicht alle Regionen auf der Erde waren davon gleichermaßen betroffen. Vielmehr hängen diese Effekte stark mit dem Wasserhaushalt und der Eisbedeckung zusammen. So wirken sich die irreversiblen Veränderungen durch Treibhausgase am stärksten auf die Ozeane, die Arktis und Antarktis sowie auf niederschlagsreiche Regionen aus. In Regionen mit kontinentalem Klima wie Nordamerika, Sibirien und Zentralasien sowie in ausgedehnten Wüstengebieten wie in der Sahara oder in Australien sind die Effekte geringer. Das bedeutet nun keinesfalls, dass der Klimawandel in diesen Regionen keinen großen Schaden anrichten kann. Doch das Klima kann dort eher wieder zu früheren Bedingungen zurückkehren, wenn die Treibhausgaskonzentrationen wieder sinken.

Nach der Simulation der Forscher würden sich die Temperaturen im weltweiten Mittel auf ungefähr ein Grad Celsius über dem Stand von 1999 einpendeln. Der Niederschlag würde ebenfalls spürbar steigen, mit entsprechend erhöhter Gefahr für Starkregen und Überschwemmungen. Auch der artenreiche tropische Regenwald kann von veränderten Niederschlagsmustern stark betroffen sein. Und in Regionen wie der Sahelzone, in Südamerika und in Südasien dürften die irreversiblen Effekte über Jahrhunderte erhalten bleiben.

Wie diese Analyse zeigt, wird die Natur nicht in den Zustand aus früheren Zeiten zurückkehren – selbst dann nicht, wenn die Treibhausgasemissionen bis Mitte des Jahrhunderts auf Null zurückgingen oder gar negative Emissionen erreicht würden und die Konzentration von Treibhausgasen wieder auf ein früheres, niedriges Niveau sänke. Denn in vielen Bereichen der Natur – insbesondere auch beim eng mit dem Klimawandel verknüpften Artenschutz – laufen Prozesse ab, die nicht wieder rückgängig zu machen sind. Deshalb ist es von höchster Wichtigkeit, der weiter steigenden Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre frühzeitig entgegenzuwirken.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/nachrichten/2022/klima-irreversible-folgen-durch-den-klimawandel/