50 Jahre ESO

Maike Pollmann

Siluhette einer Teleskopkuppel auf einem Berg, im Hintergrund entferntere Berge und Wolken

1962 gründeten fünf europäischer Länder das European Southern Observatory, kurz ESO, um auch den Südhimmel im Blick zu haben. Heute zählt die Europäische Südsternwarte zu den erfolgreichsten Observatorien der Welt.

Luftaufnahme von La Silla im südlichen Teil der Atacamawüste. Hier, 2400 Meter über dem Meeresspiegel, entstand das erste Observatorium der ESO. Neben einem 3,6-Meter-Teleskop und dem New Technology Telescope (NTT) finden sich hier auch kleinere nationale Teleskope.

La-Silla-Observatorium

Das Zentrum der Galaxis, die große und die kleine Magellansche Wolke als Nachbargalaxien der Milchstraße oder die Nachbarsterne der Sonne – Alpha Centauri und Proxima Centauri – lassen sich nur von der Südhalbkugel aus beobachten. Die Idee für ein großes europäisches Observatorium auf dieser Hemisphäre diskutierten führende Astronomen bereits im Jahr 1953. Etwa zehn Jahr später, am 5. Oktober 1962, war es dann so weit: In Paris unterzeichneten die Repräsentanten der fünf europäischen Länder Belgien, Deutschland, Frankreich, Niederlande und Schweden die Gründungsvereinbarung der Europäischen Südsternwarte.

Bei der anschließenden Suche nach einem geeigneten Standort für die neue Sternwarte fiel die Wahl 1963 auf die chilenische Wüste, rund 600 Kilometer nördlich von Santiago de Chile – einem der trockensten Plätze der Erde. Gerade das macht ihn aber zu einem idealen Standort für die Astronomie, denn die trockene Atmosphäre und geringe Luftströmungen sorgen für ideale Beobachtungsbedingungen.

Der Himmel im sichtbaren Licht

1965 begann der Bau des La-Silla-Observatoriums auf einem 2400 Meter hohen Berg inmitten der Atacamawüste. Eineinhalb Jahre später konnten Astronomen dort bereits durch das erste Teleskop des Observatoriums – mit einem Spiegeldurchmesser von einem Meter – in den südlichen Nachthimmel blicken. 1989 ging das New Technology Telescope (NTT) mit einem 3,58-Meter-Spiegel in Betrieb, dass als eines der ersten Teleskope über eine aktive Optik verfügte: Um die Luftunruhe in der Erdatmosphäre auszugleichen, wird der flexible Hauptspiegel während der Beobachtungen verformt. Dadurch lässt sich die Qualität der Aufnahmen erheblich steigern.

Das Very Large Telescope befindet sich auf dem Berg Paranal in der chilenischen Atacamawüste. Es besteht aus vier Spiegelteleskopen mit jeweils 8,2 Metern Durchmesser, die wie ein einzelnes Teleskop zusammenarbeiten können. Dazu werden die Lichtstrahlen auf unterirdischen Wegen zusammengeführt, wie hier auf dem Foto illustriert.

Very Large Telescope

Auch heute noch beobachten Astronomen den optischen und nahinfraroten Wellenlängenbereich mit dem NTT, ebenso mit dem ESO-3,6-Meter-Teleskop, das seit 1977 auf dem Berg La Silla steht. An Letzteres ist das Instrument HARPS (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher) angeschlossen, mit dem man seit 2003 erfolgreich nach extrasolaren Planeten fahndet: Der hochempfindliche Spektrograf zerlegt das Sternlicht sehr präzise in seine Spektralfarben und kann so selbst über Lichtjahre hinweg Sternbewegungen von weniger als vier Kilometern pro Stunde nachweisen. Die Planeten verraten sich nur indirekt, indem sie mit ihrer Schwerkraft an ihren Muttersternen zerren und diese dadurch periodisch hin- und hertaumeln. Mehr als 150 Exoplaneten konnten mit HARPS bereits aufgespürt werden.

Ein weiteres Observatorium errichtete die ESO Anfang der 1990er Jahre auf dem 2600 Meter hohen Berg Paranal, rund 600 Kilometer nördlich von La Silla. 1999 nahm dort das Very Large Telescope (VLT) offiziell seinen Betrieb auf: ein Verbund aus vier Einzelteleskopen mit einem Durchmesser von jeweils 8,2 Metern, die im optischen und infraroten Spektralbereich beobachten. Zwei Jahre später kombinierten Astronomen erstmals das Licht der vier Teleskope, um so eine noch höhere Auflösung zu erreichen. Außerdem findet sich auf dem Paranal seit 2009 das Durchmusterungsteleskop VISTA – das weltweit größte, um den Nachthimmel im Infrarotlicht abzubilden. Im Jahr 2011 folgte das VLT Survey Telescope, das weltweit größte Teleskop zur Vermessung des Himmels im sichtbaren Licht.

Giganten für den Submillimeterbereich

Das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array, kurz ALMA, befindet sich noch im Bau – 5000 Meter über dem Meeresspiegel auf dem Chajnantor-Plateau in der Atacamawüste im Norden von Chile. Hier sind einige der Antennen zu sehen, die bereits installiert wurden.

Antennen des Atacama Large Millimeter Array

Um den Nachthimmel auch in Submillimeterwellenlängen zu erforschen, also in Wellenlängen rund tausendmal größer als die des sichtbaren Lichts, entwickelte die Europäische Südsternwarte 2005 das Teleskop APEX – das Atacama Pathfinder Experiment. APEX besteht aus einem 12-Meter-Spiegel, der auf einer 5100 Meter hoch gelegenen Ebene in der chilenischen Atacamawüste steht, dem sogenannten Chajnantor-Plateau. Das Instrument dient als Vorläufer eines viel größeren Projekts: ALMA, das Atacama Large Millimeter Array. Voraussichtlich 2013 wird ALMA aus insgesamt 66 Antennen bestehen, die sich zu einem einzigen Teleskop zusammenschalten lassen. Doch bereits jetzt machen Astronomen mit der Anlage die ersten wissenschaftlichen Beobachtungen und nehmen unter anderem die Entstehungsorte von Sternen und Planeten, Galaxien im frühen Universum und supermassereiche Schwarze Löcher ins Visier.

Ein weiteres Projekt der ESO ist das European Extremely Large Telescope oder kurz E-ELT. Mit einem Spiegeldurchmesser von nahezu vierzig Metern soll es einmal das größte optische Teleskop der Welt werden. Sein Standort ist der Berg Armazones, der sich zwanzig Kilometer entfernt vom Paranal befindet. Zu den wissenschaftlichen Zielen gehört der erste Nachweis eines erdähnlichen Planeten in der bewohnbaren Zone eines Sterns sowie das Erforschen der ersten Sterne und Galaxien, der Dunklen Materie und der Dunklen Energie. In Betrieb gehen könnte das E-ELT Anfang der 2020er Jahre.

Wissenschaftliche Erfolge

Observatorien der ESO

Observatorien der ESO

In den vergangenen fünfzig Jahren erzielten Astronomen mithilfe der ESO-Instrumente einer Vielzahl von wichtigen wissenschaftlichen Ergebnissen und astronomischen Entdeckungen. Im Schnitt resultieren die an den ESO–Observatorien aufgenommenen Daten in zwei neuen Fachveröffentlichungen pro Tag. Damit ist die ESO die produktivste bodengebundene astronomische Einrichtung der Welt.

Inzwischen zählen auch Brasilien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich zu den Mitgliedsländern. Und auch die Zahl der Mitarbeiter ist gewachsen: Um die 750 Personen sind derzeit an der Südsternwarte beschäftigt. „Ohne die Hingabe und das Können aller ESO-Mitarbeiter hätte die ESO all das nicht erreichen können und würde nicht dort stehen wo sie heute steht, nämlich an der Spitze der bodengebundenen Astronomie. Auch die nächsten fünfzig Jahre werden der ESO dank des VLT und des VLTI, ALMA, des E-ELT und zukünftiger Projekte mit Sicherheit bahnbrechende wissenschaftliche Resultate bringen. Alles Gute zum 50-jährigen Jubiläum!“, wünscht Tim de Zeeuw, Generaldirektor der ESO.

 

Die wichtigsten ESO-EntdeckungenBildergalerie: Die zehn wichtigsten Entdeckungen mit ESO-Teleskopen

Zum 50. Geburtstag der Europäischen Südsternwarte präsentieren wir in dieser Bildergalerie ihre zehn wichtigsten Entdeckungen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/teleskope-und-satelliten/50-jahre-eso/