Magnetfelder beschleunigen Sternentstehung

Rainer Kayser

Wie können ganze Sternhaufen innerhalb von wenigen Millionen Jahren entstehen? Zwei Astronomen vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg haben möglicherweise die Antwort auf diese Frage gefunden: Magnetfelder lassen Filamente aus Gas und Staub hin- und herschwingen und beschleunigen so die Verdichtung der Materie und damit die Bildung neuer Sterne. Computersimulationen und weitere Beobachtungen müssen nun zeigen, ob diese Hypothese korrekt ist, so die beiden Wissenschaftler im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics“.

Zwei Bilder einer filamentartigen Struktur. Symbole markieren die Positionen von Protosternen und jungen Sternen.

Filament Orion A

„Seit über 300 Jahren wissen wir, dass Sterne durch den Kollaps von Gaswolken entstehen“, schreiben Amelia Stutz und Andrew Gould. „Doch erst seit etwa 50 Jahren wissen wir, dass solche Wolken in filamentartige Strukturen eingebettet sind.“ Doch wie diese Strukturen sich bilden und welche Rolle sie bei der Sternentstehung spielen, ist bislang unklar. Stutz und Gould haben jetzt eingehend untersucht, wie Materie, Magnetfelder und Sterne in und um das große Filament Orion A, zu dem auch der bekannte Orion-Nebel gehört, verteilt sind.

Die Daten der beiden Forscher zeigen, dass Magnetfelder das Filament zusammenhalten. Mehr noch: Die Magnetfelder lassen das Filament offenbar hin- und herschwingen wie ein Gummiband. Daraus entwickelten Stutz und Gould ein Szenario, das deutlich von den bisher üblichen Modellen abweicht, bei denen Gaswolken allein durch ihre Schwerkraft kollabieren. Die Schwingung der Filamente verdichtet demnach das Gas und beschleunigt so die Sternentstehung – so können ganze Sternhaufen innerhalb von wenigen Millionen Jahren entstehen. Tatsächlich scheint sich dieser Prozess in Orion A von Nord nach Süd auszubreiten: Nördlich des Filaments liegen zwei junge Sternhaufen, während der Orionnebel-Haufen mitten im Filament noch am Wachsen ist.

Eine Bestätigung für dieses Szenario sehen Stutz und Gould darin, dass sich Protosterne ausschließlich innerhalb des Filaments befinden, während junge Sterne außerhalb dieser Struktur stehen. Protosterne sind noch im Stadium der Verdichtung und daher an das Magnetfeld gekoppelt, das Filament zieht sie bei seiner Schwingungsbewegung mit. Überschreiten die Sterne jedoch eine kritische Dichte, so lösen sie sich von dem Filament ab. Stutz und Gould sagen selbstkritisch, dass ihr Szenario noch kein ausgereiftes Modell für die Entstehung von Sternhaufen ist – ein solches soll nun mithilfe von Computersimulationen entwickelt werden. Zudem müssen Beobachtungen an anderen Filamenten erst noch zeigen, ob Orion A ein Sonderfall oder tatsächlich ein typisches Beispiel für die Sternentstehung ist.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2016/magnetfelder-beschleunigen-sternentstehung/