Exoplaneten: Lücke in Staubscheibe stellt Entstehungsmodell in Frage

Rainer Kayser

Der 176 Lichtjahre entfernte Stern TW Hydrae wird möglicherweise von einem Planeten umkreist, den es gar nicht geben dürfte: Der Begleiter mit der 6- bis 28-fachen Masse der Erde zieht seine Bahn in zu großem Abstand von dem Stern. Außerdem ist TW Hydrae mit acht Millionen Jahren noch viel zu jung für die Entstehung eines solchen Planeten in der ihn umgebenden Gas- und Staubscheibe. Wenn sich die Existenz des Planeten durch weitere Beobachtungen bestätigt, stelle er damit eine Herausforderung für die Theorie der Planetenentstehung dar, so das Entdeckerteam im Fachblatt „Astrophysical Journal“.

Scheibe in Aufsicht. Im Zentrum jeweils der Stern, umgeben von einer inneren Lücke, etwa auf der Hälfte des Radius zum äußeren Rand eine weitere Lücke. Die schematische Darstellung ist gegenüber der verrauschten Originalaufnahme geglättet.

HST-Aufnahme von TW Hydrae

„TW Hydrae ist der uns am nächsten gelegene Stern mit einer jungen Gas- und Staubscheibe“, erläutern John Debes vom Space Telescope Science Institute im amerikanischen Baltimore und seine Kollegen. „Deshalb ist er ein ideales Objekt, um die Entwicklung solcher Scheiben und die erste Phase der Planetenentstehung zu untersuchen.“ Die Astronomen haben deshalb die 55 Milliarden Kilometer große Scheibe intensiv mit dem Weltraumteleskop Hubble beobachtet. Dabei stießen sie weit draußen, zwölf Milliarden Kilometer von TW Hydrae entfernt, auf eine drei Milliarden Kilometer breite Lücke in der Scheibe.

Die wahrscheinlichste Erklärung für diese Lücke sei, so Debes und sein Team, ein Planet, der dort seine Bahn zieht und mit seiner Schwerkraft das Gas und den Staub angezogen hat. Doch in so großer Entfernung von einem Stern haben die Himmelsforscher noch keinen Planeten nachgewiesen – und es sollte dort auch keinen geben. Zum Vergleich: Die Erde umkreist die Sonne in einem Abstand von 150 Millionen Kilometern. Der vermutete Planet wäre von seinem Stern sogar doppelt so weit entfernt wie Pluto von der Sonne. Zudem sollte die Entstehung eines Planeten umso länger dauern, je weiter er von seinem Stern weg ist. Die Theorie der Planetenentstehung sagt für Jupiter eine Entstehungszeit von rund zehn Millionen Jahren voraus – der Begleiter von TW Hydrae würde für seine Entstehung 200-mal länger brauchen. Das steht in krassem Widerspruch zum geringen Alter des Sterns.

Oben die Scheibe um TW Hydrae mit Lücke, unten die Sonne mit Asteroiden- und Kuiper-Gürtel, sowie den Bahnen von Neptun und Jupiter. Das Sonnensystem einschließlich des Kuipergürtels passt größenmäßig in den Bereich innerhalb der Lücke der Scheibe von TW Hydrae hinein.

Vergleich TW Hydrae - Sonnensystem

Mit dieser Herausforderung konfrontiert, drücken Debes und seine Kollegen sich vorsichtig aus: „Die Ursache der Lücke ist unklar, doch sie könnte durch einen planetarischen Begleiter entstanden sein.“ Mit weiteren Beobachtungen wollen die Forscher nun versuchen, den vermuteten Planeten aufzuspüren. Schon einmal hatten Astronomen bei TW Hydrae einen Planeten vermutet, allerdings auf einer extrem engen Umlaufbahn. Genauere Messungen konnten die Existenz dieses Objekts allerdings nicht bestätigen. Debes hofft, dass seine Entdeckung nicht das gleiche Schicksal erleidet: „Wenn wir den Planeten tatsächlich bestätigen können, können wir seine Eigenschaften mit denen der Lücke verbinden“, so der Forscher, „dass könnte für die Theorie der Planetenentstehung neue Impulse liefern.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/universum/nachrichten/2013/exoplaneten-luecke-in-staubscheibe-stellt-entstehungsmodell-in-frage/