Jahresrückblick 2014

Jens Kube

Vier Parabol-Radioantennen vor dem südlichen Nachthimmel. Im Hintergrund ein Gebirgszug.

Kurz vor Jahresende nutzen auch wir – in diesem Jahr erstmals – die übliche Zeit der Besinnung zwischen Weihnachten und Neujahr, um einen Blick zurück auf das zu werfen, was die Nachrichtenwelt der Physik in 2014 bestimmt hat. Und das war in diesem Jahr sehr außerirdisch geprägt.

Wirbelförmige Strukturen aus kleinen Strichen

Polarisation der Hintergrundstrahlung

Zunächst gab es im März eine vermeintlich sensationelle Meldung von Wissenschaftlern des BICEP2-Experiments am Südpol: Man glaubte, Spuren von Gravitationswellen aus der Inflationsphase des Kosmos gefunden zu haben. Schon kurz nach der publikumswirksam inszenierten Veröffentlichung dieser Resultate fanden Forscherkollegen die ersten Schwächen in der Datenauswertung, die sich schließlich im Lauf des Jahres bestätigten. Das von BICEP2 mit einer Signifikanz von fünf Sigma (die physikalische Umschreibung für „eine Entdeckung“) gesehene Signal hat sich – wie viele Kommentatoren teilweise bissig schrieben – in Staub aufgelöst: Vermutlich sind die beobachteten Signaturen im kosmischen Mikrowellenhintergrund auf Staub in unserer Galaxis zurückzuführen, und nicht auf Gravitationswellen unmittelbar nach dem Urknall.

Im Spätsommer berichteten die Forscher des Borexino-Experiments im italienischen Gran-Sasso-Labor über die Entdeckung von Neutrinos, die aus dem Verschmelzungsprozess von zwei Protonen im Inneren der Sonne stammen. Damit wurden die bisherigen Sonnenmodelle bestätigt. „Solche pp-Neutrinos sind zwar schon vorher in Experimenten nachgewiesen worden, aber nicht in Echtzeit und nicht als Teil der erstmaligen Gesamtvermessung des Spektrums“, kommentiert Christian Spiering vom Forschungszentrum DESY in Zeuthen und Kurator von Welt der Physik.

Verschwommene Aufnahme eines kleinen Raumfahrzeugs mit drei Beinen.

Philae im Sinkflug

Alljährlich im Oktober richten sich die Blicke nach Stockholm – die Nobelpreisträger werden bekannt gegeben. Als am 7. Oktober der Physiknobelpreis für die Entwicklung einer effizienten blauen LED verkündet wurde, rechnete wohl keiner damit, dass 2014 doch noch ein Physiker aus Deutschland einen Nobelpreis erhalten würde. Doch schon am nächsten Tag erreichte der Anruf aus Stockholm Stefan Hell, den Erfinder der STED-Mikroskopie. Mit seiner Methode gelingt es, auch unterhalb der Abbeschen Beugungsgrenze biologische Strukturen abzubilden.

Die Physiknachrichten im Herbst 2014 wurden von der Ankunft der Raumsonde Rosetta am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko dominiert. Am 12. November fand der bislang spektakulärste Teil dieser Mission statt: Die Landesonde Philae, die seit zehn Jahren an Bord von Rosetta mit durchs Weltall flog, wurde zur Landung auf dem Kometen gebracht. Das Manöver gelang dabei nur teilweise – oder dreifach, wie Forscher scherzten. Denn die Sonde setzte zwar auf, doch die Befestigungsschrauben und -harpunen sowie die Andruckdüsen versagten, und so prallte die dreibeinige, waschmaschinengroße Sonde  insgesamt zweimal ab und kam erst bei der dritten Landung an einer noch nicht genau identifizierten Stelle zur Ruhe. Trotzdem ein großartiger wissenschaftlicher und technischer Erfolg.

Eine kreisrunde Scheibe, sichtbar sind eine Reihe konzentrischer heller Ringe, getrennt durch dunkle Lücken.

Protoplanetare Scheibe im Detail

Kurz zuvor veröffentlichten Astronomen eine sensationelle Aufnahme des Radioteleskops ALMA. Zu ersten Mal ist es mit dieser interferometrischen Verfahren – bei dem mehrere Radioantennen zu einem einzigen Teleskop zusammengeschlossen werden – gelungen, die Staubscheibe, aus der ein Planetensystem entsteht, räumlich aufzulösen. Ganz so, wie es die Modelle zur Planetenentstehung grundsätzlich vorhersagen, sind in der Scheibe zahlreiche leere Ringe zu entdecken, in denen vermutlich kürzlich entstandene Planeten das Material bereits aufgesammelt haben. Allerdings: Der Zentralstern ist weitaus jünger als man es für dieses Stadium der Planetenbildung erwartet hatte.

Ganz knapp vor Jahresende kam noch eine weitere Meldung aus unserem Planetensystem – in diesem Fall von unserem Nachbarplaneten Mars. Untersuchungen der Sonde Curiosity fanden einen stark schwankenden Methangehalt der Atmosphäre im untersuchten Krater Gale. Diese starken Schwankungen werden von den Wissenschaftlern als mögliches Zeichen für Methan produzierende Bakterien gedeutet. Ob sich diese Spekulation bewahrheitet, bleibt noch abzuwarten.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/thema/jahresrueckblicke/2014/