Institut Laue-Langevin

Institut Laue-Langevin

Das in Grenoble im Südosten Frankreichs gelegene Institut Laue-Langevin ist ein internationales Forschungszentrum, in dem Neutronen – subatomare und ladungsfreie Teilchen – für die detaillierte mikroskopische Analyse von Struktur und Dynamik in kondensierter Materie eingesetzt werden.

Wissenschaftler aus der ganzen Welt kommen an das Institut Laue-Langevin (ILL), um ihre Proben mit intensiven Neutronenstrahlen zu untersuchen. Die beteiligten Forschungsgebiete reichen von der Materialforschung über die physikalische und chemische Grundlagenforschung, die Geowissenschaften bis hin zum Verständnis biologischer Prozesse auf Zell- und Molekularniveau. „Maßgeschneiderte“ Neutronenstrahlen werden auch zur Erforschung physikalischer Gesetzmäßigkeiten verwendet, die zum Verständnis der Entstehung des Universums beitragen: Warum ist unsere Welt heute so wie wir sie wahrnehmen und warum ist Leben in ihr möglich?

Wie alles begann

Campus mit Institut Laue-Langevin

Campus mit Institut Laue-Langevin

Der Gedanke, einen Hochflussreaktor zu entwickeln, der als starke Neutronenquelle für friedliche wissenschaftliche Zwecke eingesetzt wird, stammt vom deutschen Wissenschaftler Heinz Maier-Leibnitz. Unterstützt vom französischen Nobelpreisträger Louis Néel gelang es ihm, Frankreichs und Deutschlands Staatsoberhäupte dazu zu bringen, dem Bau einer gemeinsamen Forschungseinrichtung in Grenoble zuzustimmen. Und so wurde im Januar 1967 das „Institut Max von Laue – Paul Langevin“ ins Leben gerufen – das erste vollständig auf die externe Nutzung ausgerichtete Forschungsinstitut mit eigenen fachkundigen Forschungsgruppen, an das Wissenschaftler kommen können, um Messungen mit Neutronen durchzuführen.

Die ersten Neutronenstrahlen wurden im August 1971 erzeugt; zwei Jahre danach trat Großbritannien als dritter gleichberechtigter Gesellschafter der Partnerschaft bei. Seitdem sind zehn weitere wissenschaftliche Partner beigetreten: Österreich, Belgien, die Tschechische Republik, Ungarn, Italien, Polen, Russland, Spanien, Schweden und die Schweiz; weitere Länder werden wahrscheinlich in absehbarer Zeit noch hinzukommen. Jedes wissenschaftliche Mitglied leistet einen proportional festgelegten Beitrag zum Jahreshaushalt des ILL. Wissenschaftler aus Nicht-Mitgliedstaaten können die Einrichtungen in Anspruch nehmen, wenn der wissenschaftliche Wert ihres Forschungsprojekts besonders hoch ist, jedoch ist ihre Nutzungsmöglichkeit auf zehn Prozent aller geplanten Experimente beschränkt. In zunehmendem Maße stützen sich Forschungsprojekte auf internationale Kooperationsinitiativen, in der die unterschiedlichen Serviceeinrichtungen und ILL-Mitarbeiter zusammenarbeiten. Auch können sich einzelne Gruppen zusammenschließen und am ILL für ein gemeinsames Forschungsprogramm Instrumente bauen und betreiben (sogenannte Collaborative Research Groups). 

Experimentierhalle des ILL

Experimentierhalle des ILL

Heute führen jährlich rund 1200 Wissenschaftler aus 430 Instituten und aus mehr als dreißig Ländern Hand in Hand mit den Wissenschaftlern des ILL mehr als 700 Experimente an den vierzig zur Verfügung stehenden Instrumenten durch. Im Jahr 2006 wurden 639 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht. Mit der kontinuierlichen Verbesserung der Instrumente sowie der Anwendung von Neutronentechniken auf eine ständig wachsende Anzahl von neuen wissenschaftlichen Bereichen, wird sich die Anzahl der Nutzer in den kommenden Jahrzehnten erheblich steigern.

Häufig werden forschungsorientierte Studenten und promovierte Stipendiaten aus den Mitgliedstaaten für die weitere Ausbildung in der Forschung an das ILL geschickt, wo sie einschlägige Techniken der Neutronenforschung erlernen. In der Tat gehört die Ausbildung von wissenschaftlichen und technischen Fachkräften zu einer der wichtigsten Aufgaben des Forschungszentrums. 

Die Mitarbeiter des ILL

Das ILL hat gegenwärtig rund 450 Mitarbeiter, darunter etwa 250 Wissenschaftler und Ingenieure aus 39 verschiedenen Ländern; ungefähr dreißig Doktoranden arbeiten zur Zeit im Rahmen des ILL-Doktorandenprogramms an ihrer Dissertation. Die meisten Mitarbeiter sind zweisprachig, viele sogar dreisprachig. Zugang zu den vierzig Instrumenten haben zudem Tausende von Forschern aus europäischen und anderen Ländern, die für ihre Experimente niederenergetische Neutronen verwenden. 

Flugzeitspektrometer BRISP

Flugzeitspektrometer BRISP

Mit der Bereitstellung seiner einmaligen Infrastruktur für die Forschung im Bereich der kondensierten Materie und der nuklearen Teilchenphysik ist das ILL weltweit zum Modell für solche international geprägten Nutzer-Einrichtungen und insbesondere auch für die erfolgreiche Zusammenarbeit in Europa geworden. Im Zuge des 2001 verabschiedeten Millennium-Programms, das im Jahre 2007 in seine zweite Phase geht, wurden und werden die Neutronenquelle und insbesondere die Neutroneninstrumente des ILL auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Damit wird sichergestellt, dass das Institut auch in den nächsten zwanzig Jahren international führend bleibt.

Diesem Ziel ist das Institut Laue-Langevin bereits sehr nahe gekommen: Zwischen 2001 und 2007 wurde im Rahmen des fortlaufenden Modernisierungsprogramms die Effizienz des ILL-Instrumentenparks bereits um das 14-fache gesteigert. Damit können nicht nur zahlreiche Experimente schneller durchgeführt werden, sondern insbesondere auch neue Anwendungsgebiete – wie zum Beispiel in der aufstrebenden Nanotechnologie – für die Forschung mit Neutronen in Europa erschlossen werden.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/analyse-von-materialien/neutronen-als-sonde/institut-laue-langevin/