Stärke von Wasserstoffbrücken gemessen

Jan Oliver Löfken

Einzelne Atome sind als Kugeln dargestellt. Durch die Rasterkraftmikroskopie binden sich einzelne Atome und Moleküle.

In nahezu allen organischen Verbindungen bauen Wasserstoffatome schwache Bindungen zwischen und auch innerhalb von Molekülen auf – und bestimmen so über Struktur sowie Eigenschaften von Nukleinsäuren, Proteinen und Polymeren mit. Die Stärke dieser wichtigen Wasserstoffbrücken konnte eine internationale Forschergruppe um Shigeki Kawai von der Universität Basel nun erstmals mit der Spitze eines Rasterkraftmikroskops messen. Diese Methode eröffne neue Wege, so die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science Advances“, um komplexe Moleküle zu identifizieren.

„Wir können die Signatur von Wasserstoff in einem Molekül sehen und so diese sehr schwache Wechselwirkung messen“, erklärt Teammitglied Adam Foster von der finnischen Aalto Universität. Gemeinsam mit seinen Kollegen setzte er einzelne Propellan-Moleküle, die einen propellerartigen Aufbau besitzen, auf eine extrem glatte Silberoberfläche. Im Hochvakuum abgekühlt auf minus 269 Grad Celsius näherten sich die Forscher diesen Molekülen mit der atomar feinen Spitze eines Rasterkraftmikroskops. Auf der Spitze aus Wolfram haftete dabei ein einzelnes Kohlenmonoxidmolekül.

Mit einer ausgefeilten Steuerung verringerten die Physiker den Abstand zwischen Mikroskopspitze und Propellan-Molekül bis auf Bruchteile eines millionstel Millimeters. Dabei baute sich eine Wasserstoffbrücke zwischen dem Sauerstoffatom des Kohlenmonoxids und einem vom Propellan-Molekül abstehenden Wasserstoffatom auf. Über die winzige Auslenkung der Mikroskopspitze konnten die Wissenschaftler auf die wirkenden Kräfte der Wasserstoffbrücke zurückschließen. Die Werte bewegen sich demnach in der Größenordnung von wenigen Dutzend Pikonewton. Das entspricht etwa einem Hundertstel der deutlich stärkeren kovalenten Bindungen zwischen zwei Kohlenstoffatomen.

„Diese Messmethode könnte nun auf andere Moleküle, wie etwa Erbgutstränge oder Polymere, erweitert werden“, sagt Foster. Gelingt dieser Schritt, ließen sich mit einem Rasterkraftmikroskop einzelne organische Moleküle allein über die Kraftmessung der wirkenden Wasserstoffbrücken zuverlässig identifizieren und der Aufbau von komplexen dreidimensionalen Strukturen besser analysieren.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/nachrichten/2017/staerke-von-wasserstoffbruecken-gemessen/