Roboter-Rochen schwimmt dank lichtaktiver Muskelzellen

Jan Oliver Löfken

Zwei ausgestreckte Hände: rechts ein handflächengroßer Rochen, links der Roboter-Rochen, der kleiner ist als ein danebenliegendes Zwei-Euro-Stück

Schon heute schwirren Schwärme von Roboterfliegen durch die Labore und künstliche Fische tauchen durch Wasserbecken. Angetrieben werden sie von winzigen Motoren und speziellen Kunststoffen, die sich durch Lichtpulse oder elektrische Spannungen in Bewegung versetzen lassen. Mit einer Kultur aus lebenden Muskelzellen verfolgt eine Forschergruppe nun einen völlig neuen Ansatz. In der Fachzeitschrift „Science“ berichten sie über einen kleinen Roboter-Rochen, in dem eine Kultur aus lebenden Muskelzellen die Aufgabe des Antriebs übernimmt. Mit blauen Lichtsignalen lässt sich dieser biomimetische Prototyp sogar kontrolliert steuern.

„Für unseren Biohybrid nutzten wir das Wissen aus vielen Bereichen: Genetik, Materialforschung und Hydrodynamik“, sagt Kevin Kit Parker von der Harvard University in Cambridge. Für die Entwicklung des Roboter-Rochens arbeitete er daher mit Biologen, Physikern und Ingenieuren zusammen. Diese interdisziplinäre Gruppe konzipierte den kleinen, nur knapp drei Zentimeter langen Roboter aus zwei Schichten aus flexiblen Kunststoffen. Diese Struktur verstärkten sie mit einem Skelett aus sehr dünnen Golddrähten, das sie zwischen den Kunststoffschichten einlagerten. Auf der Oberseite des Roboter-Rochens deponierten sie als Antrieb etwa 200 000 Herzmuskelzellen, die sie aus einer Rattenzellkultur entnahmen.

Ein Robotor in der Form eines Rochens schwimmt mit Herzmuskelzellen angetrieben durch eine Zuckerlösung. Robotor-Rochen im Praxistest

Robotor-Rochen im Praxistest

Die Herzmuskelzellen waren genetisch so verändert, dass sie auf blaues Licht reagierten und sich zusammenzogen. Ohne Licht entspannten sie sich wieder. Die Forscher setzten den Roboter-Rochen in eine Zuckerlösung, die als Schwimmmedium und Nährstoffquelle für die Zellen diente. Mit blauen Lichtsignalen angeregt ließen sich die Muskelzellen kontrolliert aktivieren. Abhängig von Intensität und Ausrichtung der Lichtpulse konnten die Flügel des Roboter-Rochens in eine wellenförmige Bewegung versetzt werden. Mit bis zu drei Flügelschlägen pro Sekunde legte der Rochen etwa drei Millimeter pro Sekunde in eine kontrollierbare Richtung zurück. Sogar nach sechs Tagen funktionierte dieser biohybride Roboter noch und erreichte dabei 80 Prozent seiner maximalen Geschwindigkeit.

Mit diesem Roboter-Rochen belegen Parker und Kollegen, dass sich biohybride Systeme mit lebenden Zellen kontrolliert über Lichtpulse antreiben lassen. Von diesen Experimenten erwarten die Forscher nicht nur neue Impulse für die Entwicklung kleiner Roboter. Auch Biologen und Mediziner könnten von den Ergebnissen bei der Erforschung von künstlichem Gewebe oder gar von im Labor gezüchteten Herzmuskeln profitieren.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/technik/nachrichten/2016/roboter-rochen/