Radioaktiver Himmelszauber

Farbsalze in Feuerwerkskörpern enthalten instabile Radium- und Kaliumisotope und senden Gamma-Strahlung aus – Gesundheitsrisiko bei Zimmerfeuerwerk

Feuerwerk

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Wien (Österreich) - Begeistert blicken alle Augen bei einem Feuerwerk auf die roten, grünen und blauen Funkenregen. Doch nicht nur giftige Schwermetalle und Perchlorate werden durch die explodierenden Leuchtkörper in der Atmosphäre verteilt. Auch eine Strahlenbelastung durch radioaktive Substanzen konnten nun erstmals österreichische Forscher nachweisen. So seien vor allem die radioaktiven Isotope Kalium-40 und Radium-226 für die pyrotechnische Gamma-Strahlung verantwortlich.

"Aber natürlich sind Feuerwerkskörper keine schmutzigen Bomben", sagt Georg Steinhauser. Dafür seien die Strahlungswerte, die er zusammen mit seinem Kollegen Andreas Musilek am Atominstitut der Österreichischen Universitäten in Wien gemessen hat, viel zu gering. Dennoch warnen die beiden Wissenschaftler davor, ein intensives Zimmerfeuerwerk mit Wunderkerzen und Tischfontänen abzufackeln. "Besonders in schlecht belüfteten Räumen könnte dadurch eine beträchtliche, zusätzliche und zugleich vermeidbare Belastung auftreten", sagt Steinhauser.

Bei ihrer Analyse von Feuerwerkskörpern etablierter Marken entpuppten sich das Schwarzpulver und die enthaltenen Farbsalze als Strahlungsquellen. So enthalten die verwendeten Kaliumsalze immer auch das radioaktive Isotop Kalium-40, das die Ursache für etwa 14 Zerfälle pro Gramm und Sekunde bildet (14 Becquerel/Gramm). Da jedoch jeder erwachsene Mensch genug Kalium-40 für etwa 5000 Becquerel in seinem Körper trägt, ist er selbst immer noch radioaktiver als 20 Feuerwerkskörper. Mit 81 Millibecquerel pro Gramm zerfällt Radium-226 zwar seltener als Kalium, stellt jedoch eine bisher offensichtlich unbekannte Strahlungsquelle dar.

Doch wie gelangt radioaktives Radium in einen Feuerwerkskörper? Verantwortlich sind die bunt sprühenden Farbeffekte. So nutzen die Hersteller beispielsweise Bariumnitrat für einen grünen Funkenregen und Strontiumnitrat für einen blauen. Nun sind sowohl Barium als auch Strontium chemisch eng mit Radium verwandt. Aus diesem Grunde findet sich Radium im Prinzip in allen geologischen Lagerstätten für Strontium- und Bariumerze. Zwar gibt es chemische Verfahren, das radioaktive Isotop abzutrennen, doch sind diese relativ aufwendig und kostspielig.

"Eine einfachere Möglichkeit wäre, Bariumerze aus geologisch sehr alten Abbaustellen zu gewinnen", sagt Steinhauser. Denn je älter ein Bariumerz ist, desto weniger Radium-Isotope sind wegen des fortlaufenden, radioaktiven Zerfalls enthalten. Steinhauser hält es allerdings für unwahrscheinlich, dass heute die Hersteller auf das Alter der Lagerstätten achten, aus denen das Rohmaterial für die Farbsalze stammt. Er kann sich sogar vorstellen, dass Feuerwerkskörper von Billigproduzenten schmutzigere Rohstoffe mit höheren Bariumanteilen enthalten könnten.

Ausgehend von einer Statistik der Schweizer Regierung, die die jährlich abgebrannten Feuerwerkskörper auf 1700 Tonnen beziffert, schätze Steinhauser in einem Artikel der Fachzeitschrift "Environmental Research Letters" die zusätzliche, jährliche Strahlenbelastung auf 138 Millionen Becquerel für Radium-226 und sogar 23,6 Milliarden Becquerel für Kalium-40 ab. Extrapoliert auf Deutschland kann von einer zehnfach höheren Strahlenrate ausgegangen werden. Doch da Steinhauser und Musilek die Radioaktivität von Feuerwerkskörpern überhaupt das erste Mal beziffern konnten, gibt es bisher keine verbindlichen Grenzwerte für eine gerade noch hinnehmbare Strahlenbelastung.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2009/radioaktiver-himmelszauber/