Nanotechnik: Eingefädelte Polymere

Forscherteam schleust Molekülketten durch Nano-Nadelöhre - neuer Antriebs-Mechanismus für Nanomaschinen

Rom (Italien)/Nijmegen (Niederlande) - Viren infizieren durch winzige Öffnungen gesunde Zellen und lange Molekülstränge wandern im Körper unentwegt durch winzige Membranporen. Auf der Grundlage dieser natürlichen Prozesse entwickeln nun italienische und niederländische Wissenschaftler neue Antriebstechniken für zukünftige Nanomaschinen. Mit Erfolg schleusten sie Polymerketten mit mehreren hundert Atomen durch winzige, ringförmige Makromoleküle und präsentierten ihre Ergebnisse in der Zeitschrift "Science".

Alexander B. C. Deutman von der Radboud Universität in Nijmegen und seine Kollegen von der Università di Roma Tor Vergate stellten für ihre Versuche unterschiedlich lange Molekülketten aus 5 bis 440 Atomen her. Diese Oligo- und Polymere fädelten sich über drei verschiedenen Mechanismen in das Nano-Nadelöhr von Pseudorotaxan-Komplexen ein. Um die Bewegungen der Polymerketten durch dieses Ringmolekül zu verfolgen, nutzten sie eine spezielle Fluoreszenzspektroskopie, mit der sich über lichterzeugende Wechselwirkungen zwischen den Molekülen die jeweilige Position der Ketten bestimmen ließ.

Kurze Ketten mit fünf bis acht Atomen stoßen wie beim klassischen Einfädeln eines Fadens direkt durch das Nadelöhr des Ringmoleküls. Dieses Verhalten änderte sich grundlegend bei Längen zwischen 8 und 22 Atomen: Die Polymerkette lagerte sich zuerst außen an das Ringmolekül an und wurde so an einem festen Ort fixiert. Danach bog sich das freie Kettenende zurück und fädelte sich selbstständig von hinten mit einer konstanten Geschwindigkeit durch das molekulare Nadelöhr. Noch längere Polymere aus 90 bis 440 Atomen zeigten noch einen weiteren Prozess. Die langen Ketten falteten sich an der Öffnung des Nadelöhrs zu einem Doppelstrang und wanderten mit der entstandenen Schlaufe voran durch das Ringmolekül. Erst danach entfalteten sie sich wieder.

Die Forscher hoffen nun, mit diesen Mechanismen gezielt winzige Poren mit weiteren Molekülen füllen zu können. Mit einer genauen Kontrolle der Prozesse sind auch Linearmotoren im atomaren Maßstab vorstellbar. "Dieser Antrieb sollte eine Entwicklung neuer, künstlicher Maschinen und Katalysatoren ermöglichen, in denen das Einfädeln exakt kontrolliert wird", berichten Deutman und Kollegen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/materie/nachrichten/2008/nanotechnik-eingefaedelte-polymere/