Forschungsflugzeug „Polar 5“

Jens Kube

Polar 5

Finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erhält das Alfred-Wegener-Institut zum Beginn der Antarktis-Saison 2007/08 ein neues Forschungsflugzeug, die „Polar 5“ vom Typ „Basler BT-67“. Das Flugzeug mit der Kennung G-CAWI kostete 8,1 Millionen Euro.

25 Jahre Flugbetrieb in den Polarregionen

Das zweimotorige Flugzeug ist orange-weiß-blau gestreift. Es steht auf einem Rollfeld. Im Hintergrund wird es von einem Regenbogen umrahmt.

„Polar 5“ bei einem Zwischenstopp in Reykjavik

In der Antarktisforschung ist ein übliches Zeitmaß „eine Antarktissaison“. Gemeint ist damit der Zeitraum des antarktischen Sommers, in dem die Antarktis logistisch einigermaßen einfach zu erreichen ist. Dies ist – Südhalbkugel! – etwa von November bis März des Folgejahres. In der Antarktissaison 1982/83 begann die flugzeuggebundene Forschung am Alfred-Wegener-Institut, dem deutschen Zentrum für die Polar- und Meeresforschung.

Seit 1983 besitzt das AWI das Forschungsflugzeug „Polar 2“. Die zweimotorige Maschine ist eine Sonderversion des Mehrzweckflugzeuges Dornier 228/101. Sie hat Rad-Skifahrwerke, mit denen sie auf Betonbahnen oder Schneepisten starten und landen kann. Die Maschine ist mit erweiterter flugtechnischer Ausrüstung, verstärkten Generatoren, Zusatztanks, Enteisungsanlagen an Propellern und Tragflächen sowie einer verbesserten Isolierung des Innenraums auf den polaren Einsatz vorbereitet. Sie verfügt über moderne Navigationssysteme, ist für Blindflug ausgestattet und in der Lage, auch unter den sogenannten „White-Out-Bedingungen“ zu landen. White-Out bedeutet, dass im Schneetreiben für das Auge kein Horizont mehr sichtbar ist, das gesamte Sichfeld ist weiß.

Bei der Anreise von Kanada nach Bremerhaven machte "Polar 5" einen Zwischenstopp auf dem Flughafen in Reykjavik.Stimmen zu Polar 5

Vertonte Bilderstrecke: Stimmen zu Polar 5

Die „Polar 2“ ist in erster Linie Träger von wissenschaftlichen Messystemen. Daneben steht die Maschine für den Transport von Mensch und Material und jederzeit für SAR (Search and Rescue)-Aufgaben zur Verfügung. Sie wird sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis eingesetzt. An der Antarktisstation „Neumayer“ werden hierfür Schneelandebahnen und Treibstoffdepots eingerichtet. Das Flugzeug nimmt jedes Jahr durchschnittlich an drei längeren wissenschaftlichen Kampagnen teil, an denen neben dem AWI häufig auch verschiedene Universitäten beteiligt sind.

Die Schwester-Flugzeuge „Polar 1“, „Polar 3“ und „Polar 4“ sind nicht mehr im Dienst. Die Forscher am Alfred-Wegener-Institut benötigen daher dringend den im Herbst 2007 in Dienst gestellten Neubau, die „Polar 5“.

Das Fluggerät

Innenraum der Polar 5: Platz für 18 Passagiere auf der Backbordseite, ein Mittelgang und Platz für Instrumente und Fracht.

Innenraum der Polar 5

Anders als die Vorgängerflugzeuge „Polar 1“ bis „Polar 4“ ist die „Polar 5“ kein Modell der Firma Dornier. Das Flugzeug ist eine Basler BT-67, die auf dem „Rosinenbomber“ Douglas DC-3 basiert. Die Vorteile zur Dornier DO-228 sind deutlich: Mit 2900 Kilometern Reichweite mit wissenschaftlicher Ausrüstung kommt die Polar 5 doppelt so weit wie die Polar 2. Dabei sind Nutzlast und Volumen ebenfalls doppelt so groß. Die Betriebskosten für den neuen Vogel liegen dabei nicht höher als für Polar 2 und 4 gemeinsam.

Die Polar 5 wird von der kanadischen Firma Enterprise Air Inc. aus Oshawa betrieben. Daher hat das Flugzeug auch keine deutsche, sondern einen kanadische Registrierung: C-GAWI; die kleinere Schwester wird unter D-CAWI gerufen.

Polarforschungsflugzeuge erfüllen immer eine Doppelrolle: Sie sind Transport- und Messgerät in einem. Techniker und Wissenschaftler bauen die Flugzeuge am Einsatzort daher immer auf eine der beiden Varianten um.

Wissenschaftliche Ausrüstung

Neben der routinemäßigen Erfassung von Flug- und meteorologischen Daten können Variationen des Magnet- und des Schwerefeldes der Erde, oberflächennahe Leitfähigkeitsanomalien, die Erdoberflächentemperatur, Eisdicken sowie die Topographie unter dem Eis erfasst und kartographische Messungen durchgeführt werden. Mit einer digitalen Zeilenkamera läßt sich die Meereisverteilung aufnehmen, mit einem Laser-Höhenmesser die Oberflächenrauhigkeit abtasten. Für Turbulenzmessungen wird ein spezieller Messgeräteträger („Meteopod“) unter einer der Tragflächen montiert.

Technische Daten von Polar 5

Technische Parameter

Länge

20,66 m

Spannweite

29,00 m

Leergewicht

8668 kg

max. Startgewicht

13.068 kg

Triebwerksleistung

2x1281 PS

Verbrauch

540 l/h

Gipfelhöhe

25.000 ft (=7620 m)

Missions- und Überführungsparameter

max. Nutzlast1

2500 kg

Reichweite ohne Nutzlast2

3500 km

max. Reisegeschwindigkeit

380 km/h

max. Passagiere

18

max. Starthöhe

3800 m. ü. N.N.

Stromversorgung

28 V DC mit 550 A

Anmerkungen:
1 – bei 3 Flugstunden mit Standardbesatzung, Überlebensausrüstung und 45 Minuten Treibstoff an Bord
2 – mit Standardbesatzung, Überlebensausrüstung und 45 Minuten Treibstoff an Bord

Harte Landung: Warum wurde der Kauf eines neuen Forschungsflugzeugs notwendig?

Die Neuanschaffung von Polar 5 wurde notwendig, da die Vorgängermaschine, Polar 4, bei einer harten Landung an der britischen Forschungsstation Rothera auf der antarktischen Halbinsel im Januar 2005 schwer beschädigt wurde. Eine Reparatur war nicht mehr möglich. Der Forschungsflugbetrieb des Alfred-Wegener-Instituts konnte mit nur einem Flugzeug, der Polar 2 (baugleich zu Polar 4) nur mit großen Einschränkungen aufrecht erhalten werden. Ein weiteres Flugzeug vom Typ Dornier DO-228 (so wie Polar 2 und Polar 4) konnte nicht neu angeschafft werden, die Firma Dornier existiert nicht mehr. Nach Untersuchung der verschiedenen Optionen fiel die Entscheidung, eine deutlich größere Basler BT-67 als „Polar 5“ anzuschaffen.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/erde/atmosphaere/polarforschung/polar-5/