Seehundsbarthaare erkennen Fisch-Formen im Trüben

Meeressäuger nehmen über die Wasserwirbel Form und Größe ihrer Beute wahr

Seehund

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Rostock - Selbst im trübsten Nordseewasser wählen Seehunde dank ihrer Barthaare nur die dicksten Fische. Obwohl die Tiere nicht sehen können, ob eine gerade vorbeischwimmende Beute lohnt oder nicht, können sie sich auf ihren Tastsinn verlassen: Die Meeressäuger nehmen aber über die Wasserwirbel nicht nur die Beute wahr, sondern schätzen sogar deren Form und Größe ab, berichten jetzt Rostocker Forscher. In Testläufen mit einem trainierten Seehund konnten sie zeigen, dass dieser allein anhand der Kielströmung unterschiedlich geformte Paddel mithilfe seiner Tasthaare erkennen konnte. Die Forscher beschreiben ihre Versuche im "Journal of Experimental Biology".

"Es ist schwer zu sagen, welcher Teil der Kielströmung dem Tier am meisten hilft", sagt Wolf Hanke von der Universität Rostock. Sein Team arbeitete mit "Henry", einem Seehund der Art Phoca vitulina. Henry ist darauf trainiert, mit der Nase bestimmte Platten zu drücken, wenn er unterschiedliche Formen wahrnimmt. Einige Meter vor ihm wedelte Hankes Team im Wasser mit kleinen und großen, eckigen, runden oder wellenförmigen Paddeln. Selbst wenn Henrys Augen und Ohren abgedeckt waren, unterschied er die verschiedenen Formen anhand der sogenannten hydrodynamischen Fingerabdrücke. Mit einem speziellen bildgebenden Verfahren machten die Rostocker Forscher die Strömungen ihrer Paddel sichtbar. Dabei stellten sie fest, dass Henry unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten in einem Wasserwirbel erkennen konnte. Zudem vermochte der Seehund sogar die Grenzen zwischen schnell und langsam strömendem Wasser wahrzunehmen. Über diese so detailreich analysierten Wasserwirbel können die Meeressäuger offenbar auf Größe und Form schwimmender Objekte schließen.

Aus früheren Versuchen ist bekannt, dass Seehunde mit ihren Barthaaren prinzipiell Veränderungen des Wasserdrucks in Strömungen wahrnehmen und so Fische erkennen können, die bis zu 35 Sekunden vorher vorbeigeschwommen sind. Auch Haie und andere Fische können solche Druckveränderungen wahrnehmen, nutzen dazu allerdings ihre Seitenlinienorgane.

Quelle: https://www.weltderphysik.de/gebiet/leben/nachrichten/2011/seehundsbarthaare-erkennen-fisch-formen-im-trueben/